piwik no script img

Archiv-Artikel

Ein Sieg der salonfähigen Rechten KOMMENTAR VON RALF LEONHARD

Mit 15 Prozent sind die Rechtsparteien die eigentlichen Sieger der Wahl in Österreich. Das ist – neben den eigenen Verlusten – die Niederlage von ÖVP-Kanzler Wolfgang Schüssel, der seine Koalition mit der FPÖ aus dem Jahr 2000 nachträglich damit rechtfertigte, er hätte Jörg Haider und Co. durch die Regierungsverantwortung gezähmt.

Dabei schien die Entwicklung Schüssel vorerst recht zu geben. Haider blieb zwar der unberechenbare Populist, der er immer war – aber seine Partei stürzte bei den Nationalratswahlen 2002 von fast 27 auf gerade noch 10 Prozent ab. Während ein Flügel zu einem handzahmen Partner für die ÖVP in der Regierung mutierte, versuchte der klassische deutschnationale Kern der FPÖ daraufhin, sich durch schrille Oppositionspolitik vor dem Abdriften in die Bedeutungslosigkeit zu bewahren. Die Zerreißprobe gipfelte vor anderthalb Jahren in der Spaltung der FPÖ.

Doch außer den Amtsträgern in Regierung und Parlament lief fast niemand zum neuen „Bündnis Zukunft Österreich“ (BZÖ) über. Im Gegenteil: Durch die gestrigen Wahlen wurde Haiders orangefarbene Truppe endgültig zu einer Kärntner Sekte reduziert. Die Rest-FPÖ dagegen hat aus der Spaltung neue Lebenskraft geschöpft. Konnte man vor zwei Jahren noch meinen, dumpfe Antiausländerparolen hätten in der Politik ausgedient, so wurde man schon bei den Wiener Wahlen vor einem Jahr eines Besseren belehrt. Die FPÖ erreichte in der Bundeshauptstadt 15 Prozent. Nicht nur das vielgeschmähte Lumpenproletariat, auch ein erklecklicher Anteil der Arbeiterschaft und frustrierter Jugendlicher fühlt sich von der Ausländerhetze angesprochen.

Das BZÖ, das sich durch staatstragende Positionen und anfängliche Angebote an den Mittelstand als moderate Kraft rechts der ÖVP positionieren wollte, erkannte diesen Trend und versuchte die FPÖ in Ton und Inhalt noch rechts zu überholen. Obwohl die Bundesregierung unter einer ÖVP-Innenministerin die von FPÖ und BZÖ unisono geforderten Verschärfungen im Fremden- und Asylrecht durchgezogen hat, kann die Rechte mit ihrem Ruf nach Massendeportationen punkten.

Schüssel hat die FPÖ nicht gezähmt. Er hat sie und ihr rechtsextremes Geplärre salonfähig gemacht.