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Archiv-Artikel

USA GREIFEN EUROPÄISCHE KONTODATEN AB UND DIE BANKER SCHWEIGEN Blind für Bürgerrechte

Die Rechtslage ist klar: Der Zugriff von amerikanischen Ermittlern auf Bankdaten europäischer Kunden ohne deren Einverständnis oder richterliche Kontrolle ist nach europäischem Datenschutzrecht nicht zulässig. Die Faktenlage ist ebenso klar: Ein internationaler Bankdatenübermittler wie die Firma Swift könnte ohne Filiale in den USA nicht existieren. Das Gleiche gilt für Fluggesellschaften, die Daten ihrer Passagiere an amerikanische Behörden abliefern müssen, weil sie sonst keine Landeerlaubnis mehr bekämen.

Der gewaltige Unterschied besteht darin, dass die Fluggesellschaften das Problem sofort öffentlich gemacht haben und die Politiker aufforderten, in Verhandlungen eine rechtlich unbedenkliche Lösung zu finden. Die Firmenleitung von Swift, die großen Bankhäuser, die Chefs der Zentralbanken und vor allem der Chef der Europäischen Zentralbank wissen seit vier Jahren, dass Daten europäischer Bankkunden ohne deren Einverständnis von amerikanischen Ermittlungsbehörden abgefragt werden. Doch die Idee, die Regierungen der betroffenen Länder in Kenntnis zu setzen, kam ihnen nicht.

Für die Wahrung von Bürgerrechten erklären sie sich schlicht nicht zuständig. Ihr Mandat, so betonten sie gestern fast wortgleich vor dem Europaparlament, beschränke sich darauf, die finanzielle Stabilität des Unternehmens Swift zu kontrollieren. Es sei nicht ihre Schuld, dass die transatlantische Rechtslage verworren sei. Der Firmensitz von Swift liege zwar in Belgien, doch die amerikanische Filiale müsse US-Recht respektieren. Die Politiker müssten entscheiden, was Priorität haben solle: Der Schutz der Privatsphäre oder ein möglicher Informationsvorsprung im Antiterrorkampf.

Wenn die obersten Bankkontrolleure Europas jede Verantwortung für die Folgen ihrer eigenen Vogel-Strauß-Politik ablehnen, zeigt das einen beängstigenden Mangel an Bürgerrechtsbewusstsein. EZB-Chef Jean-Claude Trichet wäre zumindest moralisch in der Pflicht gewesen, sein Wissen den europäischen Regierungen zu offenbaren.

DANIELA WEINGÄRTNER