: Die Angst vor den Mobilfunkmasten
Fast jeder hat mittlerweile ein Handy. Doch noch immer ist unklar, welche Auswirkungen der Elektrosmog hat
Machen Handy-Strahlen krank? Die wissenschaftlichen Daten lassen vieles offen. Etwa 60 Millionen Handy-Besitzer gibt es in Deutschland. Die meisten davon benutzen ihre Geräte gerne und oft – doch die allerorts sichtbaren Mobilfunkmasten machen ihnen Angst.
Mitunter treibt die Angst absonderliche Blüten. So berichtet Jiri Silny vom Aachener Forschungszentrum für Elektro-Magnetische Umweltverträglichkeit von einem Haus, auf dem ein Mobilmast errichtet wurde, mit der Folge, dass plötzlich zahlreiche Bewohner unter Kopfschmerzen und Schlafstörungen klagten. Der Haken daran: Der Mast war noch gar nicht eingeschaltet. Für Silny ein deutlicher Hinweis darauf, dass „die Angst vor Mobilfunkantennen gesundheitsschädlicher ist als die tatsächliche Strahlung“.
Doch auch wenn immer wieder Fälle von Mobilfunk-Paranoia auftreten – ob die Strahlungen der dichtmaschig verteilten Basisstationen tatsächlich schadlos für die Gesundheit sind, kann die Wissenschaft keinesfalls ausschließen. „Ein Null-Risiko gibt es nicht“, erklärt Rüdiger Matthes vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS). Und auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) räumt ein, dass es zu dem Thema zahlreiche Wissenslücken gebe, die unbedingt geschlossen werden müssten.
Als gesichert gilt, dass Mobilfunk den Körper beeinflusst. So erwärmt er nachweislich das Körpergewebe. Auch ein anderer Effekt lässt sich im Selbstversuch austesten. So entdeckte der Stuttgarter Luft- und Raumfahrttechniker Bernd Kröplin, dass der menschliche Speichel einfachere Strukturen entwickelt, sofern man sich zwei Minuten lang im elektromagnetischen Feld des Mobilfunks aufhält. Nichts deutet jedoch darauf hin, dass dieser Effekt die Gesundheit beeinträchtigen würde.
Dafür zeigten Tests im Labor, dass die Mobilfunkstrahlen diverse nervliche Funktionen sowie den Mineralien- und Wasserhaushalt verändern. Zudem fördern sie das Wachstum von Tumorzellen, vermutlich dadurch, dass sie krebsauslösenden Substanzen den Eintritt in die Körperzellen erleichtern. Doch verlässliche Beweise, dass ein erhöhtes Krebsrisiko besteht, gibt es nicht. Allerdings wiesen italienische Neurologen nach, dass lange Handy-Telefonate die Hirnströme verändern. Studienleiter Paolo Rossini kann sich durchaus vorstellen, dass dieser Effekt einen negativen Einfluss auf Epilepsie-Patienten hat.
Die Anwohner von Basisstationen berichten oft über Schlafstörungen, doch wodurch diese letzten Endes ausgelöst werden, ist offen. Die ursprüngliche Vermutung jedenfalls, wonach der Mobilfunk im Hirn den Pegel des Schlafhormons Melatonin nach unten drückt, kann laut BfS nicht bestätigt werden. Norbert Honisch vom Ingenieurbüro für Umweltstress-Analytik in St. Johann betont allerdings, dass viele Kinder mit Schlaf- und Konzentrationsstörungen eine Besserung, auch in der schulischen Leistung, erfahren, „wenn sie aus den Strahlungsfeldern herauskommen“. JÖRG ZITTLAU