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Archiv-Artikel

WOLFGANG GAST LEUCHTEN DER MENSCHHEIT Immer wieder böse Amerikaner

Die Amerikaner sind gefährlich, eigennützig, es ist alles irgendwie künstlich dort, dekadent. Wer Tobias Jaecker nach den gängigsten Stereotypen in Sachen USA fragt, wird mit ebendiesem Satz belehrt. Der Mann weiß, wovon er redet. Er hat über das Thema „Antiamerikanismus in den deutschen Medien“ promoviert und gerade das Buch „Hass, Neid, Wahn“ (Campus Verlag) vorgelegt.

Jaecker findet die einzelnen Stereotype nicht einmal so problematisch. Ihn beschäftigt das dahinterstehende Weltbild: „Oft werden spiegelbildlich zur Kritik an den USA die Verhältnisse hierzulande überaus positiv dargestellt.“ Die Amerikaner erschienen so als eigennützig und die Europäer als friedliebend.

Ein bisschen wolkig. Nehmen wir Tobias Jaecker noch mal beim Wort, gehen wir auf seine Homepage (www.jaecker.com). Dort schimpft er über einen Jakob Augstein. Der hatte im Zusammenhang mit der etwas abfälligen Aussage der US-Diplomatin Victoria Nuland („Fuck the EU“) Anfang Februar über die USA geschrieben: „Die wichtigen Weichen werden zwischen Big Money, Big Data und den Big Guns gestellt. Und der Wert eines Rechts entspricht den technologischen Kosten, es zu brechen. Europa hat noch die Wahl, einen anderen Weg zu gehen.“ Für Jaecker ist das „Antiamerikanismus pur“. Kritik verkehre sich hier in ein „Welterklärungsmuster“, in dem alles Negative auf die USA projiziert werde. Und das, „um sich eine europäische Identität herbeizufantasieren, die dazu im Gegensatz steht: moralisch höherwertig.“

Geht’s nicht eine Nummer kleiner, möchte man dem Autor zurufen. Zumal er ja recht hat: Vor allem in der dogmatischen Linken werden Stereotype über „die Amis“ gepflegt. Aber Hand aufs Herz: Wie antiamerikanisch ist die Frage „Wie viel Bush steckt in Obama?“, die die taz 2010 auf der Titelseite stellte? Hand aufs Herz? Mist, wahrscheinlich auch schon antiamerikanisch.

■ Der Autor ist Redakteur der taz