: Leichenbilder machen UNO sprachlos
SYRIEN Frankreich schockiert den UN-Sicherheitsrat mit erschütternden Aufnahmen von Folteropfern in Assads Haftanstalten. Ein neuer UN-Bericht untersucht auch Misshandlungen durch Aufständische
NEW YORK/BERLIN ap/taz | Der UN-Sicherheitsrat hat drastische Folterbilder aus dem syrischen Bürgerkrieg zu sehen bekommen. Nach der Präsentation vom Dienstag hätten die Gremiumsmitglieder lange geschwiegen, sagte Frankreichs UN-Botschafter Gérard Araud. Die Fotos legen ein stummes Zeugnis von der Brutalität des Bürgerkriegs ab: Zu sehen waren Leichen ausgemergelter junger Männer, Knochen standen hervor, einige hatten Würgemale am Hals, andere Blutergüsse und Wunden.
Zehn der Bilder wurden bereits im Januar vor der Friedenskonferenz in Genf veröffentlicht. Insgesamt erhielt die UNO 55.000 Digitalfotos von Syrern, die unter Präsident Baschar al-Assad gefoltert und getötet worden sein sollen. Rund die Hälfte stammt von einem Fotografen der syrischen Militärpolizei mit dem Codenamen „Caesar“, der sie auf USB-Sticks aus dem Land schmuggelte.
Finanziert wurde der darauf folgende „Caesar“-Bericht vom Golfstaat Katar, der als einer der wichtigsten Unterstützer der Rebellen gilt. Die Bilder seien Beweise für von der Assad-Regierung begangene Kriegsverbrechen, sagte Araud vor Journalisten.
Da es sich bei „Caesar“ um eine Quelle aus dem Inneren des Apparats handelt, geht es bei seinen Fotos um Opfer des Regimes. In einem Bericht des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte (OHCHR) mit dem Titel „Folter und Misshandlung in der Syrisch-Arabischen Republik“ vom 14. April wird hingegen über Verbrechen beider Seiten berichtet. Dafür befragte das OHCHR 38 ehemalige Gefangene, die Opfer von Folter und Misshandlung wurden.
Die Verbrechen der syrischen Regierung, ihrer Geheimdienste und regimetreue Milizen sind inzwischen gut dokumentiert. Bei der Dokumentation von Folter „durch einige bewaffnete Oppositionsgruppen“, wie es in dem Bericht heißt, ist es oft ungleich schwerer, die Verantwortlichen auszumachen.
Dies liegt vor allem daran, dass die Bündnisse bewaffneter Gruppen sich ständig ändern, hinzu kommen territoriale Verschiebungen. Zudem werden die Gefangenen nicht in bekannten Haftanstalten festgehalten werden, sondern in eroberten öffentlichen Gebäuden, zum Beispiel in Schulen. Dennoch nennt der Bericht fünf Verantwortliche beim Namen: Die beiden al-Qaida-nahen Gruppen Islamische Staat im Irak und in Syrien (Isis) und die Nusra-Front sowie Ahrar al-Sham, Asifat al-Schamal und Liwaa al-Tauhid. B.S.
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