: Computer steuert Verkehrschaos
CDU will ein Verkehrsmanagementsystem einrichten, das Ampeln und Wegweiser bedarfsgerecht schaltet. In Bremen gibt es das seit dreieinhalb Jahren. Bewertungen zwiespältig
VON GERNOT KNÖDLER
Die CDU will den Straßenverkehr besser organisieren. Ein Verkehrsmanagementsystem nach Bremer Vorbild soll den Verkehr flüssiger machen. Es soll die Autos in freie Straßen und Parkhäuser lenken und auf den am stärksten befahrenen Strecken grüne Welle schalten. Einer Umfrage zufolge habe das System den Verkehrsfluss tatsächlich verbessert, heißt es bei der Bremer Verkehrsbehörde. Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) bemängelt, dass sich das System für Radfahrer und Fußgänger eher nachteilig ausgewirkt habe.
Bremen hat im Frühjahr 2003 eine Verkehrsmanagement-Zentrale eingerichtet, in der erstmals die Verkehrsinformationen aus unterschiedlichen Quellen verknüpft wurden. Wie Hans-Georg Teich von der Behörde sagte, gehören dazu die Verkehrsbeeinflussungsanlagen auf den Autobahnen vor der Stadt mit ihren 260 Detektoren ebenso wie die bereits existierenden Verkehrsrechner zur Ampelüberwachung sowie das Parkleitsystem. Zusätzlich zu den Induktionsschleifen an den Ampeln wurden 134 „Traffic Eye Universal“ (Teu) installiert. Sie erfassen, wie viele und welche Arten von Fahrzeugen vorbeifahren.
Die Daten fließen in eine Karte ein, die im Internet aktuell zeigt, wo es Baustellen, Staus und Durchfahrverbote gibt. Sie schalten Wegweiser um und führen so den Verkehr um Staus oder belegte Parkhäuser herum. 4,9 Millionen Euro habe es gekostet, das System mit dem Zentralrechner, den Teu und den nötigen Kommunikationswegen aufzubauen, sagt Teich. In der Summe seien die Betriebskosten für die ersten fünf Jahre ebenfalls enthalten. Bei einer Internet-Umfrage sei das System auf „durchweg positive Resonanz“ gestoßen, sagt Teich.
Klaus-Peter Hesse, der verkehrspolitische Sprecher der CDU in der Hamburgischen Bürgerschaft ist von Bremens Verkehrsmanagement-Zentrale begeistert. Eine Umfrage habe ergeben, „dass 35 Prozent der Befragten die Abwicklung des Verkehrs als größte Herausforderung Hamburgs heutzutage und zukünftig bewerten“, sagt der Abgeordnete. Der Senat habe zwar schon den grünen Rechtsabbiegepfeil eingeführt, die Höchstgeschwindigkeit auf einigen Hauptverkehrsstraßen auf 60 Stundenkilometer erhöht und eine intelligente Ampelkreuzung gebaut. Mit dem Bremer System ließe sich der Verkehr aber besser verteilen und damit „zügiger und störungsfreier“ gestalten. 2007 und 2008 sollen dafür im Haushalt je fünf Millionen Euro vorgesehen werden.
Die zusätzlichen Sensoren und anpassungsfähigen Ampeln will Hesse auf den Hauptverkehrs- und Ausfallstraßen installieren. Läuft der Verkehr dort, werden Autofahrer nicht in Versuchung geführt, auf Nebenstraßen auszuweichen, so sein Kalkül. Der Preis sind Drück-Ampeln, bei denen Fußgänger und Radfahrer Grün nur auf Anforderung kriegen – zumindest wenn Rot und Grün in schnellem Wechsel aufeinander folgen. Ab Umlaufzeiten von 80 Sekunden würden die Fußgängerampeln automatisch geschaltet, sagt Verkehrsplaner Teich. Bei kürzeren Wechselzeiten sei das unmöglich, weil es die Fußgänger sonst nicht über die Straße schaffen.
„Die Möglichkeiten für die übrigen Verkehrsteilnehmer werden einfach nicht ausgeschöpft“, kritisiert Tobias Wolf vom Bremer ADFC. Seiner Ansicht sollte das System auch den Fußgänger- und Fahrradverkehr erfassen und automatisch berücksichtigen. „Grundsätzlich haben wir nichts dagegen“, sagt Wolf über das Verkehrsmanagement-System. Die Praxis habe aber gezeigt, „dass sich für die Fußgänger und Radfahrer keine Vorteile ergeben“. Skeptisch ist er, ob diese Art von Management der richtige Weg ist, um das Verkehrsproblem zu bewältigen.
Teich sieht das anders: Ein besserer Verkehrsfluss sorge dafür, dass die Straße schneller frei sei. Der querende Verkehr und damit auch Fußgänger und Radfahrer, könne schneller Grün erhalten. Selbstverständlich bleibe es das Hauptziel, den Anteil der Busse und Bahnen am Verkehrsaufkommen zu steigern versichert Hesse. „Aber ich halte nichts von einer Politik, mit der wir die Autofahrer in den öffentlichen Nahverkehr nötigen, indem wir den Autoverkehr unattrativ machen.“ Auch der nicht motorisierte Verkehr, verspricht er, werde profitieren.