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Archiv-Artikel

Kürzen und streichen – nur nicht bei Reichen

USA Überparteiliche Kommission zur Verringerung des Haushaltsdefizits legt drastische Sparvorschläge vor

AUS WASHINGTON DOROTHEA HAHN

Empfindliche Einschnitte stehen an, falls sich die Vorschläge der Sparkommission für die weltweit größte Volkswirtschaft durchsetzen: In den USA würden die Löhne für BeamtInnen eingefroren, 10 Prozent der Stellen im öffentlichen Dienst würden gestrichen, die Beschäftigten müssten arbeiten, bis sie 69 sind, und bekämen selbst danach niedrigere Renten und eine schlechtere Gesundheitsversorgung als bisher. Die Einkommens- und Unternehmensteuern würden gesenkt. Die Steuernachlässe für Hypothekenrückzahlungen würden abgeschafft. Und – als ganz besondere Härte für die automobilabhängige US-Gesellschaft – die Treibstoffsteuern würden angehoben.

Bislang hat die hochkarätig besetzte Sparkommission lediglich einen kleinen Vorgeschmack auf ihr Austeritätsprogramm gegeben. Den abschließenden Bericht an den US-Präsidenten, der sie beauftragt hat, Auswege aus der Staatsverschuldung zu finden, wird die Kommission erst Anfang Dezember vorlegen. Mit den radikalen Sparvorschlägen will die Kommission das Haushaltsdefizit der USA von jetzt 1,3 Billionen Dollar auf 400 Milliarden Dollar im Jahr 2015 senken. Anschließend sollen die Einsparungen weitergehen.

Schon vor Vorlage ihres Abschlussberichts hat die Kommission einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Paul Krugman, Nobelpreisträger und Ökonom, bezeichnet die „dummen Ideen“ als einen der bislang größten „Transfers von Kapital von arm zu reich“. Nancy Pelosi, demokratische Nochsprecherin im Repräsentantenhaus, lehnt die Kürzungen bei Rente und Krankenversicherungen für Rentner und sozial Schwache rundweg als „einfach inakzeptabel“ ab. Und Richard Trumka, Chef der Gewerkschaft AFL-CIO, fasst die Kommissionsvorschläge so zusammen: „Arbeiter sollen tot umfallen.“ Auf der anderen Seite lehnen republikanische SprecherInnen jede Erhöhung der (im Vergleich zu Europa extrem niedrigen) Treibstoffsteuern ab.

Barack Obama hatte die Kommission vorausschauend mit zwei Spitzen besetzt: Erskine B. Bowles war Mitarbeiter des demokratischen Expräsidenten Bill Clinton, Alan K Simpson war republikanischer Senator. Um die Vorschläge der Kommission aus der tagespolitischen Gemengelage herauszuhalten, war zudem vereinbart worden, dass sie ihren Abschlussbericht erst nach den Halbzeitwahlen veröffentlicht.

Um die Höhe der künftigen Einkommensteuern geht es auch in der in dieser Woche begonnenen Lame duck session, der letzten Sitzungsperiode des alten Kongresses. Für ein paar Wochen haben dort noch die DemokratInnen die Mehrheit.

Zentrales Thema in dieser Übergangsperiode sind die „Bush-Steuersenkungen“. Zehn Jahre nach ihrer Einführung laufen diese Senkungen der Einkommensteuern zum Jahresende aus. Die RepublikanerInnen wollen sie beibehalten, die DemokratInnen zeigen sich immer bereiter, einer mehrjährigen Übergangsregelung zuzustimmen.