: Zwei Schritte vor, einer zurück
MITTENDRIN Werder schießt sich mit dem 3:0 gegen den FC St. Pauli vorerst aus der Krise, profitiert dabei aber auch vom Schusspech und von der mangelnden Cleverness der Gäste aus Hamburg
BREMEN/BERLIN taz | Wehe dem, der am Sonntag nicht früh genug im Weserstadion Platz genommen hatte. Denn es begann furios. Die Berichterstatter vermeldeten ein derart hohes Chancenaufkommen, dass sie kaum nachkamen. Noch nicht einmal eine Minute war vorbei, da hatte Hugo Almeida eingenetzt. Auf der anderen Seite köpfte der Paulianer Asamoah an die Latte, hüben hätten Mertesacker und Marin fast zum 2:0 getroffen, drüben prüfte Lehmann Werder-Keeper Wiese. Doch es war erneut Almeida, der in Minute 20 zum 2:0 traf. In der zweiten Halbzeit erhöhte er noch zum 3:0-Endstand. Die letzten zehn Minuten verbrachte Almeida dann nicht mehr auf dem Platz, weil er nach einer Tätlichkeit des Feldes verwiesen worden war.
Alle Treffer fielen, weil St. Pauli viel zu offensiv stand. Werder konnte die Abwehr der Hamburger mit ein, zwei Pässen relativ leicht aushebeln – jeweils mit dem Resultat, dass der Portugiese frei vorm Tor von Thomas Kessler auftauchte. Holger Stanislawski hatte seinen Spielern mit auf den Weg gegeben, mutig nach vorn zu spielen, „heiß auf Tore“ zu sein, offenbar inspiriert vom acht Tage zurückliegenden Spiel gegen den VfL Wolfsburg, in dem St. Pauli 18 Schüsse aufs Tor des Gegners losließ, der VfL aber nur drei (die Partie endete 1:1).
Stanislawsi hatte wohl darauf spekuliert, „eine etwas verunsicherte Mannschaft“ mit dieser Taktik ins Wanken bringen zu können. Doch Werder Bremen, das zuletzt nicht wettbewerbsfähig gewesen war, besann sich auf seine Offensivqualitäten – und nutzte die sich bietenden Möglichkeiten konsequent. „Im Abschluss waren wir heute sehr abgebrüht“, sagte Klaus Allofs, Manager von Werder Bremen, „das war ja in den letzten Wochen auch nicht immer so.“
Trainer Thomas Schaaf beschwor vor dem Spiel „die Arbeit an den kleinen Dingen“. Denn: „Es geht um den kleinen Erfolg, damit die großen Automatismen wieder klappen.“ Der Sieg gegen St. Pauli ist so ein kleiner Schritt auf dem langen Weg zurück in höhere Regionen der Tabelle. Werder war zwar noch immer anfällig in der Abwehr, konnte aber auch als Erfolg verbuchen, dass sich die Bundesliga-Debütanten Felix Kroos (Mittelfeld) und Dominik Schmidt (rechte Abwehrseite) nicht so schlecht schlugen, wie es die frühe Auswechslung von Kroos (54.; Husejinovic) vermuten ließe.
Fakt ist, dass die Personalsituation bei Werder angespannt bleibt. Almeida, nach seiner Pause wegen einer Zerrung gerade erst wieder zurück, wird nun für mindestens ein Spiel fehlen. Für Claudio Pizarro, Marko Arnautovic und Jensen kam die Partie am Sonntag eh noch zu früh. Und auch die Nachricht, dass Torsten Frings gestern schwer von Markus Thorandt gefoult wurde – der Übeltäter sah kurz vor Spielende auch die rote Karte – und vom Platz humpelte, ließ zunächst nichts Gutes ahnen. „Mir sind einfach die Nerven durchgegangen“, sagte derweil Almeida nach dem Spiel, „es tut mir leid für Mannschaft und Fans“. MV