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Archiv-Artikel

NPD-Parteitage sollen öffentlich werden

Journalistenverbände fordern, die Geheimnistuerei der NPD bei Parteitagen zu unterbinden. Zu Recht, findet Parteienforscher Martin Morlok: „Parteien sind keine Geheimgesellschaften.“ Kommunen sollen NPD per Mietrecht zur Öffnung zwingen

AUS BERLIN ASTRID GEISLER

So zufrieden hatte man den NPD-Chef lange nicht gesehen. Der Bundesparteitag habe „sehr, sehr große Beachtung in den Medien gefunden“, resümierte Udo Voigt am Sonntagnachmittag. Daher dürfe man von einem gelungenen „Medienparteitag“ sprechen.

Das sieht der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) anders. Die Organisation protestierte gestern gegen die Auflagen, mit denen die Rechtsextremen die Presse im Reinickendorfer Fontane-Haus an ihrer freien Berufsausübung gehindert habe. Solche Restriktionen seien „nicht hinnehmbar“, sagte der DJV-Chef Michael Konken.

Eifriger noch als beim Bundesparteitag 2004 in Thüringen hatte die NPD am Wochenende die Medienberichterstattung einzuschränken versucht: Die Presse konnte den Parteitag nur teilweise beobachten – dazu zählten weder der Finanzbericht der Partei noch die Wahl des NPD-Chefs oder die Beratung zentraler Anträge des Parteitags. Neben dem berüchtigten NPD-Ordnungsdienst waren erstmals „Pressehostessen“ auf die Kontrolle der Reporter angesetzt. Fotografen durften keine Porträts aufnehmen. Der Ordnungsdienst drohte einem Fotografen mit dem Rauswurf, der angeblich gegen die Auflage verstoßen hatte. Seine Bilder wurden kontrolliert. Begründung der NPD: Man handele aus Fürsorgepflicht für die Mitglieder, die berufliche Nachteile fürchteten, wenn die Presse sie bloßstelle.

Auch Parteienrechtler und Fachpolitker sehen nach dem NPD-Parteitag Handlungsbedarf. Zwar müsse eine Partei nicht alle Sitzungen öffentlich abhalten, argumentiert der Düsseldorfer Parteienrechtler Martin Morlok: „Aber Parteien sind keine Geheimgesellschaften. Demokratie funktioniert nicht im Geheimen. Adressat des Parteigeschehens ist der Bürger.“ Daher widerspreche es dem Ansinnen der Verfassung, die Öffentlichkeit vom Großteil eines Parteitags auszusperren.

Was tun? Der Journalistenverband appellierte gestern an die kommunalen Behörden, die NPD schon im Mietvertrag zu verpflichten, Journalisten freien und zeitlich unbegrenzten Zugang zu gewähren. Diesen Aufruf unterstützen neben dem Parteienrechtler Morlok auch Politiker von SPD und FDP.

„Wer wie die NPD die Parteiprivilegien des Grundgesetzes in Anspruch nimmt, muss sich auch an die Pflichten halten“, sagte der Vorsitzende des Bundestags-Medienausschusses, Hans-Joachim Otto (FDP), der taz. Otto ermutigte die betroffenen Vermieter, der NPD im Mietvertrag klare Auflagen zu machen. Die SPD-Rechtsextremismusfachfrau Gabriele Fograscher kündigte an, die Frage juristisch prüfen zu lassen: „Es darf nicht sein, dass wir nur von V-Leuten Berichte über einen NPD-Parteitag erhalten.“ Ihr für Medienpolitik zuständiger Fraktionskollege Jörg Tauss hält sogar eine Klarstellung im Parteiengesetz für denkbar: „Eine solch bedeutsame Frage sollte man eigentlich nicht dem Mietrecht überlassen“, sagte er.

Dass sich auch die Berliner Bezirke besser auf NPD-Veranstaltungen vorbereiten sollten, steht für die Reinickendorfer Bürgermeisterin Marlies Wanjura seit dem Wochenende außer Frage. „Natürlich kann sich die NPD nicht auf der einen Seite einen öffentlichen Saal erstreiten, aber dann das Recht der Pressefreiheit nicht gelten lassen.“ Nur müssten die Behörden beim nächsten Mal wissen, welche juristischen Möglichkeiten sie gegen solche NPD-Aktionen hätten. Die CDU-Frau will die Frage gleich beim nächsten Treffen mit ihren Berliner Kollegen ansprechen.