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Der linkische Charakter des Denkens

Die Technik-Begeisterung anderer Computer-Kunst-Pioniere hat Kurd Aldesleben nie geteilt: Gemeinsam mit Antje Eske und wechselnden Rechnern entwickelte der Hamburger einen konversationellen Kunstbegriff. In der Bremer Kunsthalle gibt das Paar Einblick in sein Tun

Der Ort ist wichtig, der direkte unmittelbare Austausch auch, und doch: Die Beschränkungen fallen, die Ausstellung von Antje Eske und Kurd Alsleben wird heute nicht nur in der Bremer Kunsthalle eröffnet. Die Vernissage verschafft sich ihr weltweites Echo selbst. Im Chat unter http:netzaffairen.hfbk.net, lässt sie Einmischungen zu. Denn der Computer in der Computerkunst des Hamburger Paars ist dafür da, die Kommunikation von Ortsgrenzen zu befreien, ohne den Ort zu überwinden.

„Kunst zwischen Menschen“, sagt der 78-jährige Alsleben, als er durch die Ausstellung führt. Er ruft es fast und würde, so scheint’s, gerne die Vitrine öffnen, in der das Buch gleichen Titels ruht. Es aufschlagen und die darin aufgehobene Konversation fortführen. Denn Computerkunst nach Alsleben und Eske ist Konversationskunst oder Konversation als Kunst. Deren springende Bewegungen, deren plötzlichen Verknüpfungen werden erst durch die Maschine darstellbar. Den „linkischen Charakter des Denkens“ nennt Eske das, den Bücher nicht nachzeichnen können: „Diese Linearität“, blickt sie aufs Zeitalter des Gedruckten zurück, „war sehr quälend.“ Sie seien damals auf Ordner ausgewichen. Von Büchern hätten sie oft die Rücken entfernt. Viel zu sehen gibt es daher nicht: Lochkarten sind da, und Alsleben stellt einen frühen Zettelkasten aus. Was zählt, ist der Aufbruch, das Erproben – Konversation, elektronisch übertragen, wird an 18 Terminen des Restjahres sowie an sieben Tagen im Januar betrieben.

Alles unabgeschlossen, kein Werk also, sondern ziellose Fragmente, die in fast jeder Richtung anschlussfähig wären. Nur die Technik ist mitunter endlich. Eine Reihe Rechner der ersten Apple-Generation sind aufgebaut, weil auf ihnen noch das Programm Hyper-Card läuft: Für Eske war die Begegnung mit der Frühform des Verlinkens „Liebe auf den ersten Blick“. Es verspann nämlich flüchtige Notizen, Skizzen und Gedanken, eigene wie fremde, zu einem stetig wachsenden Geflecht. Später wurde die Software von den Festplatten gestrichen. „Ich vermute schon“, sagt Eske, dass „das allgemeine Interesse eher ist, nicht so viele Möglichkeiten anzubieten“.

Eske ist aus den kommunikationsstarken Protest-Bewegungen der 1970er-Jahre zur Computerkunst gekommen. Und Alsleben hat den Dialog mit der Maschine und ihren grafischen Niederschlag 1961 begonnen. Anders als die meisten Pioniere ist er fast frei von Technikbegeisterung: „Ich wusste so wenig wie alle anderen von Computern“, sagt er, „nämlich, dass das Denkmaschinen sind, sehr komplex.“

Exakt fünf Maschinenzeichnungen hat er dann, vor 45 Jahren, als einer der ersten, unterstützt von einem Physiker, in die damals noch analogen Rechner des Deutschen Elektronen Synchrotons (DESY) eingespeist. Deren Drucker zeichneten das Ergebnis in Echtzeit auf, „eine Situation, die man heute interaktiv nennt“, so der Künstler. Den fünf Zeichnungen folgte keine weitere. Stattdessen: Der selbst gesetzte Forschungsauftrag, die eigene Rolle und die der Maschine neu zu fassen: Als Wechselbeziehung. Utopisch? Aber ja. Und doch voll Skepsis im Blick auf Business-Web und Mediokratie. „Ich glaube nicht, dass in der Technik ein Schub für Konversation entsteht“, sagt Alsleben. Einen Fernseher besitzt das Paar nicht. bes

Eröffnung heute, 18 Uhr, Kunsthalle Bremen. . Bis 14. Januar

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