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Archiv-Artikel

Meike Jansen schaut sich in den Galerien von Berlin um

Wer sich beschwert, dass Berlin zwar vielfältige Kunstszenen hat, aber gegenüber anderen Kunstmetropolen hier nicht die diskursive Kraft entsteht, auf das internationale Kunstgeschehen einzuwirken, muss das Potosí-Prinzip im Haus der Kulturen gesehen haben. Nie wurde der Inhalt so konsequent zum roten Faden einer Ausstellung. Selbst wenn die Sichtung des unfassbaren Geflechts aus kolonialen Bildern, aktuellen künstlerischen Positionen sowie dargestellten Zusammenhängen mit einer globalisierten Gesellschaft einem ordentlich zusetzt. Es lohnt sich! Los geht’s im bolivianischen Potosí, das im 17. Jahrhundert eine der größten Städte der Welt war und noch heute als die Wiege des Kapitalismus gilt. Basierend auf erstmalig in Deutschland gezeigten prächtigen Gemälden des „Andinen-Barock“, errichten die ProduzentInnen, die im Verlauf des Parcours keine namentliche Rolle spielen, eine nonlineare, narrative, vielleicht gar demokratische Struktur. Das kulturelle Erbe Boliviens, das auf einer religiös begründeten und ökonomisch motivierten Kolonialisierung beruht, bereitet so im Zusammenspiel mit aktuellen Werken ein eindruckvolles Koordinatensystem für wichtige Reflexionen. Viele Texte erörtern die Abstinenz von Bildern, zu viele Materialien beschreiben Gesellschaften, in denen Prinzipien der Ausbeutung herrschen. Diese Ausstellung mit Antworten zu verlassen, ergäbe keinen Sinn. Sie zu diskutieren schon. Wer es simpler mag, dem sei „Color Fields“ in der Guggenheim empfohlen. Hier sind etwa ein Dutzend Werke der US-amerikanischen Farbfeldmalerei (1959–74) zu sehen. Es ist schon herrlich, sich den Farben hinzugeben, zu assoziieren und hier und da etwas über die SchöpferInnen zu erfahren. Nur warum den Werken eine Auswahl von deutschen und britischen TV-Nachrichten der selben Periode gegenübersteht, bleibt ein Rätsel.

■ Das Potosí-Prinzip; bis 2. 1., Mi.+Do./Sa.+So.,11–19 Uhr, Fr. geschlossen, Haus der Kulturen der Welt, John-Foster-Dulles-Allee 10 ■ Color Fields; bis 10. 1., Mi.+Do./So., 10–20, Fr., 10–16, Sa. 14–20 Uhr, Deutsche Guggenheim, Unter den Linden 13/15