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Archiv-Artikel

Ehe zweiter Klasse für die Rentenkasse

Weniger Pension bei gleichgeschlechtlicher Partnerschaft: Zweifel an Zulässigkeit

Das Hamburger Arbeitsgericht hat das neue Gleichstellungsgesetz bereits angewendet. Im Rechtsstreit um die Zahlung von Altersruhegeld an einen Homosexuellen setzte das Gericht das Verfahren aus, um das Hamburger Ruhegeldgesetz zunächst einer verfassungsrechtlichen Prüfung zu unterziehen.

In dem Fall geht es um einen 75-jährigen Ex-Angestellten des Öffentlichen Dienstes, der seit 1969 mit einem anderen Mann fest zusammenlebt und 2001 die gesetzliche Lebenspartnerschaft eingegangen ist. Nach dem Ruhegeldgesetz für Arbeiter und Angestellte des Öffentlichen Dienstes erhalten gleichgeschlechtliche Partner nach krankheits- und altersbedingtem Ausscheiden eine erheblich geringere Zusatzversorgung von der Stadt als verheiratete PartnerInnen in der klassischen zweigeschlechtlichen Ehe. Im konkreten Fall beträgt der Unterscheid der Versorgungsbezüge des 75-Jährigen zu dem eines Verheirateten monatlich 300 Euro. Er klagt auf Gleichbehandlung.

Die erste Runde endete für die Stadt mit einem Paukenschlag: Das Gericht setzte das Verfahren zunächst aus, um dem Europäischen Gerichtshof, dem Bundes – sowie dem Hamburgischen Verfassungsgericht den Komplex zur Bewertung vorzulegen. Denn die Arbeitsrichter gehen davon aus, dass die Hamburger Regelungen sowohl gegen die Europäische Gleichbehandlungsrichtlinie als auch gegen den Gleichheitsgrundsatz nach dem Grundgesetz verstoßen. Für das Gericht ändere daran auch der Umstand nichts, dass „Ehe und Familie“ nach dem Grundgesetz unter den besonderen Schutz des Staates fallen.

Es könne nicht Aufgabe des Gesetzgebers sein, Menschen zu einer Eheschließung zu veranlassen oder sogar Kinder zu zeugen, so das Gericht, „weil dafür 30 oder 40 Jahre später die Rente etwas höher ist.“ Folglich sei die vom Kläger angegriffene Regelung des Hamburgischen Ruhegeldrechts „durch keinerlei Sachgründe gerechtfertigt und daher verfassungswidrig.“

Im Januar soll nach den Stellungnahmen der Verfassungsgerichte weiter verhandelt werden. Arbeitsgerichts-Sprecherin Eveline von Hoffmann geht jedoch davon aus, dass das Hamburger Arbeitsgericht nicht die einzige Instanz sein wird, die über den Fall zu urteilen hat. „Erfahrungsgemäß dauern solche Verfahren Jahre.“ Kai von Appen