: Apple schweigt über giftige Zulieferer in China
IT-INDUSTRIE Chinesische Umweltgruppen stoßen bei der Untersuchung von Schwermetallvergiftungen durch die IT-Industrie bei Apple auf eine große Mauer des Schweigens. Im Reich der Mitte wird etwa die Hälfte der weltweit produzierten Handys und Computer hergestellt
MA JUN, UMWELTSCHÜTZER
VON SVEN HANSEN
Chinesische Umweltschützer werfen dem US-amerikanischen IT-Konzern Apple vor, keine Angaben über seine Produzenten und Zulieferer in China zu machen, die dort mutmaßlich Umwelt- und Gesundheitsvorschriften verletzen. Von den 29 kontaktierten chinesischen und globalen IT-Konzernen, die in der Volksrepublik produzieren und über deren Zulieferer die Green Choice Alliance (GCA) Informationen erfragte, verweigerte allein der iPhone-und iPad-Produzent sämtliche Angaben. Das geht aus dem gerade veröffentlichten GCA-Bericht „Die andere Seite von Apple“ hervor.
„Hinter ihrem stilvollen Image haben die Produkte von Apple eine Seite, die viele nicht kennen – Verschmutzung und Gift. Diese Seite ist tief versteckt in der geheimen Zulieferkette des Unternehmens, die außer Sichtweite der Öffentlichkeit ist“, schreiben die 36 chinesischen Umweltgruppen. Zu ihnen zählen die renommierten Organisationen Friends of Nature und das Institute für Public & Environmental Affairs (IPE).
„Zur gleichen Zeit, in der Apple Verkaufsrekorde bricht, werden Arbeiter, die seine Produkte herstellen, durch giftige Chemikalien verletzt“, heißt es. Der Hauptautor des Berichts, Ma Jun, sagt zur taz: „Apple kann nur behaupten sehr ‚grün‘ zu sein, weil es eine Marke ohne eigene Fabriken ist. Überwacht Apple aber seine Lieferkette nicht transparent, sind dies nur leere Worte.“
Apple selbst schreibt auf seiner Webseite: „Wir bestehen darauf, dass unsere Zulieferer für sichere Arbeitsbedingungen sorgen, Arbeiter mit Würde und Respekt behandeln und umweltfreundliche Herstellungsverfahren nutzen.“
Die Umweltschützer fragten Apple nach der Fabrik Lian Jian in Suzhou. 2009 wurden dort 49 Arbeiter vergiftet, die berührungsempfindliche Bildschirme für Apple gereinigt hatten. Doch weder bestätigte noch dementierte Apple eine Zusammenarbeit. Gefragt wurde auch nach der Firma Yunheng Hardware & Electrical in Suzhou. Dort wurden acht Mitarbeiter bei der Produktion für Apple vergiftet. „Wir haben dies aus in China öffentlich zugänglichen Informationen erfahren, aber Apple schweigt“, sagt Ma. IPE erstellte eine Datenbank von 70.000 Firmen, die als offizielle Umweltsünder auffielen, und fordert die IT-Konzerne auf, auf ihre darin enthaltene Zulieferer einzuwirken.
In China wird die Hälfte aller weltweit produzierten Computer, Handys und Digitalkameras hergestellt. Die Arbeitsbedingungen sind spätestens seit der Selbstmordserie beim Produzenten Foxconn im vergangenen Jahr ein Thema. Doch die Folgen der Verwendung giftiger Stoffe bei der IT-Produktion wurden kaum thematisiert. Dabei ist der jetzige GCA-Bericht bereits der vierte dieser Art. Eine deutsche Zusammenfassung der ersten drei hatte im September die Asienstiftung in Essen veröffentlicht (http://asienhaus.de/public/archiv/schwermetalle_ausser_kontrolle.pdf).
„Die meisten IT-Konzerne verstehen langsam, was wir wollen und dass sie Verantwortung haben. Manche haben angefangen zu handeln“, sagt Ma und lobt British Telecom, Samsung, Siemens, Sony und HP. In Kontrast dazu steht Apple. Gerade hatte der Konzern einen Rekordgewinn von 6 Milliarden US-Dollar im vierten Quartal 2010 vermelden können.
Inzwischen reagierte Apple auf erste Meldungen über den GCA-Bericht, doch weiter ohne den chinesischen Umweltschützern direkt zu antworten. Der Financial Times sagte Konzernsprecher Steve Dowling, Apple habe ein strenges Auditing seiner Lieferkette. Laut letzter Prüfung hielten 61 Prozent der 102 untersuchten Firmen Apples Regeln zur Verhinderung von Arbeitsunfällen ein und 83 Prozent die zum Schutz vor giftigen Chemikalien.
Doch Apple besteht darauf, seine Lieferanten nicht zu nennen. Das ist für Ma inakzeptabel: „Wie können wir sicher sein, dass die von Apple genannten Zahlen stimmen, wenn keine Namen genannt werden? Woher wissen wir, dass Arbeiter korrekt entschädigt werden, wenn Apple die Firmen nicht nennt?“
Die Erfahrung zeige doch, dass es gewisser öffentlichen Kontrollen bedürfe, um die Umweltsituation zu verbessern. Konzerne wie Walmart oder Nike seien viel weiter und würden laut Ma durch regelmäßige Abfragen der IPE-Datenbank ihre Lieferkette zur Einhaltung der Vorschriften anhalten.