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Archiv-Artikel

Europa schafft Jobs in Berlin

Sozial-, Regional- und Agrarfonds der EU greifen Firmen unter die Arme. Mehr als 1 Milliarde Euro wird Brüssel in den nächsten Jahren überweisen – sechs Beispiele aus der aktuellen Förderlandschaft

von RICHARD ROTHER

Die EU bringt Berlin nicht nur den Ruf, Hauptstadt der zeitweiligen deutschen Ratspräsidentschaft zu sein, sondern vor allem viel Geld. Flossen in der vergangenen Förderperiode von 2000 bis 2006 rund 1,3 Milliarden Euro in die Stadt, so wird es in den kommenden sechs Jahren nicht viel weniger sein. Hauptquellen sind der Sozialfonds ESF, der Regionalfonds EFRE, und sogar der Agrarfonds EAGFL spielt eine kleine Rolle in der Stadt.

So wurde die Sanierung einer Feldscheune in Falkenberg im Bezirk Lichtenberg mit Mitteln des Agrarfonds gefördert. Die Scheune wurde für das ehemalige Stadtgut Berlin-Falkenberg erbaut. In dem Heulager hat es sich auch eine Schleiereule gemütlich gemacht, die dort jährlich Junge zur Welt bringt. Ziel der Sanierung war der Erhalt der Scheune als landwirtschaftliches Lager und Nistplatz. Die Eule kann sich in Brüssel bedanken.

Hohe Technik fördert hingegen der Regionalfonds bei der Entwicklung eines Video-Endoskops. Dieses dient in der Medizin für so genannte Schlüssellochoperationen, bei denen die Patienten nicht großflächig aufgeschnitten werden müssen. Neben der Anwendung in der minimal invasiven Chirurgie findet das Endoskop auch Verwendung bei der Überwachung von automatisierten Produktionsabläufen. Beteiligt an diesem Projekt sind zwei Berliner Unternehmen sowie die Technische Universität; sieben Arbeitsplätze wurden so zusätzlich geschaffen.

Ein weiteres Projekt der Medizintechnik – die eine Hoffnungsbranche für Berlin ist – fördert der Regionalfonds beim Forschungsprojekt Ramanspektroskopie, ein neues Verfahren zur Krebsvorsorge, bei dem die Haut mit Hilfe eines Scanners untersucht wird. So soll die Konzentration bestimmter Stoffe im menschlichen Körper optisch dargestellt werden, schnellere Diagnosen wären die Folge. Beteiligt sind die Charité und ein Berliner Unternehmen, das Projekt schafft einen Arbeitsplatz.

Ein Großprojekt ist hingegen die Entwicklung eines Freien Elektronen Lasers (FEL). Das neue Großgerät soll neue Möglichkeiten der Strahlungsforschung eröffnen und im Jahr 2010 in Betrieb gehen. Anschließend soll das Gerät, das eine Berliner Firma in Zusammenarbeit mit dem Hahn-Meitner-Institut und der TU Dresden entwickelt, in der Grundlagenforschung eingesetzt werden. 180 Jobs sollen insgesamt durch das Projekt geschaffen werden; in der Vorbereitungsphase sind es zunächst fünf Jobs.

Der Europäische Sozialfonds unterstützt das Projekt „Coaching für junge Unternehmen“ der Berliner Gesellschaft für soziale Unternehmensberatung (gsub). Junge Unternehmer, aber auch Selbstständige, können sich so einen eigenen Coach vermitteln lassen, der bis zu 63 Beratungsstunden gibt und das Unternehmen bei der Entwicklung von Strategien begleitet. Für Unternehmen in Schwierigkeiten gibt es eine Krisenberatung.

Ein weiteres EU-gefördertes gsub-Programm ist die „Unternehmensorientierte Weiterbildung und Vermittlung“. Damit werden umfangreiche Hilfen bei der Einstellung von Personal gegeben; dabei winkt ein Einarbeitungs- und Qualifizierungszuschuss für die innerbetriebliche Einarbeitung von bis zu 850 Stunden in den ersten zwölf Monaten der Beschäftigung. Förderfähig sind Arbeitslose oder Menschen, die nachweislich von Arbeitslosigkeit bedroht sind.

Mit dem gleichen Programm können sich auch Unternehmen fördern lassen, die ihre Mitarbeiter bei betrieblichen Anpassungsmaßnahmen qualifizieren wollen. Voraussetzung: Der Betrieb muss mehr als 20 Mitarbeiter und einen Betriebsrat haben. Die betroffenen MitarbeiterInnen müssen ihren Wohnsitz in Berlin haben und schon mehr als sechs Monate im Betrieb tätig sein. BrandenburgerInnen, die in einem Berliner Unternehmen arbeiten, hätten in diesem Fall also Pech gehabt – vielleicht fördert so ja die Europäische Union indirekt auch die Fusionsbereitschaft der Märker.