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Archiv-Artikel

KAI SCHÄCHTELE WUTBÜRGER Kann man noch weniger kapieren, VW?

Man braucht nicht Einsteins Gehirn, um zu wissen, dass sich Systeme schwertun, sich aus sich selbst heraus zu transformieren. Es stehen dabei Pfründen und Gewohnheiten im Weg, die den Blick versperren auf die Notwendigkeiten. Jede Veränderung darf immer nur so weit gehen, dass sie die Grenzen des Gewohnten nicht verletzt. In wenigen Branchen wird das so offenbar wie in der Automobilindustrie.

Jeder weiß, dass sich die Menschheit künftig nicht mehr so wird fortbewegen können wie in den vergangenen Jahrzehnten. Konzerne wie Daimler, VW und BMW versuchen gerade, sich gegenseitig in ihrer Inszenierung von Zukunftsgewandtheit zu überholen. Elektromobilität – das ist der Fetisch für alle, die sich einzureden versuchen, dass es einen Unterschied macht, ob man Öl verfeuert oder Getreide, um sich wie gewohnt jeden Morgen in den Berufsverkehr einzureihen. Zu was für absurden Verrenkungen das führt, konnte man sich vor einiger Zeit bei einem VW-Event ansehen. „Electrified!“ hieß eine Reihe von Konzerten, bei denen Elektromusiker (hört, hört) mit schicken E-Mobilen auf der Bühne standen.

Dass die Halle vollgepflastert war mit Werbung – geschenkt. Dass dabei junge Menschen mit Feudeln herumgewuselt sind, die den extra dafür verlegten Holzboden wischen mussten, damit keine hässlichen Bierflecken entstehen – meinetwegen. Aber dass VW am Eingang Plastikarmbänder verteilen ließ mit batteriebetriebenen Leuchtdioden, die crazy vor sich hin geblinkt haben, zeigt, wie wenig es den Managern tatsächlich um den Fortbestand des Planeten geht. Da wird, um ein umweltfreundliches Automobil vorzustellen, ein Berg an Plastikmüll produziert. Das ist, als würde man den Hunger der Welt bekämpfen, indem man die Leute an Krebs sterben lässt.

 Hier wütete Kai Schächtele zum letzten Mal. Isabel Lott wütet weiter