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Archiv-Artikel

Eine deutsche Familie

Die Özdags betreiben einen Bäckerladen in Köln-Mülheim. Ab morgen stehen sie im Mittelpunkt einer WDR-Doku-Serie. MigrationsexpertInnen reagieren mit viel Lob – und ein wenig Kritik

VON NATALIE WIESMANN

Die deutsche Fernsehfamilie hat ab morgen schwarze Haare und dunkle Augen. In einer siebenteiligen Doku-Soap begleitet das WDR-Fernsehen die türkischstämmige Bäckerfamilie Özdag aus Köln in ihrem Alltag. Für das Projekt erntet der öffentlich-rechtliche Sender bereits vor der ersten Ausstrahlung viel Lob.

„Es ist wichtig, dass ein anderes Bild einer türkischen Familie vermittelt wird“, sagt etwa Thomas Kufen (CDU), Integrationsbeauftragter der Landesregierung in Nordrhein-Westfalen. Schließlich sei er in seiner Funktion genauso daran interessiert oder sogar darauf angewiesen, dass Migranten und Migrantinnen jenseits von Terror oder Arbeitslosigkeit in den Medien präsent sind. „Der WDR spielt da eine Vorreiterrolle, wie übrigens auch die Landesregierung“, so Kufen.

Auch der immer kritische Tayfun Keltek, Vorsitzender der kommunalen Migrantenvertretungen in NRW, findet das Doku-Projekt toll: „Endlich kommt ein bisschen Normalität in die Berichterstattung über türkische Familien in Deutschland“, freut er sich. „Da geht es einmal nicht nicht um Ehrenmord oder Zwangsheirat.“ Schade findet Keltek nur, dass die Serie erst um 22 Uhr ausgestrahlt wird: „So etwas müsste zur besten Sendezeit laufen.“

Die Özdags betreiben mit großem Erfolg eine Feinbäckerei in Köln-Mülheim, liefern auch in andere NRW-Städte. Für die Geschäftsführung und die Buchhaltung sind die unverheirateten Töchter Zülya und Hülya zuständig. „Das ist nichts Exotisches, das gibt es nicht selten“, sagt Keltek. Auch dass die dritte Tochter Selda mit einem Afro-Amerikaner verheiratet ist, käme durchaus in anderen türkischstämmigen Familien vor.

Dass die Özdags wirtschaftlichen Erfolg haben, ist Sevki Kaya, Vorsitzender des Migrantenunternehmerverbands „Mut“ aus Duisburg, besonders wichtig. „Gut, dass nicht das Bild gestärkt wird, alle Türken seien arbeitslos und lägen dem deutschen Staat auf der Tasche“, sagt er.

Solche Kriterien standen für die Regisseurin Ute Diehl bei der Auswahl der Protagonisten nicht im Vordergrund. „Mir war es nur wichtig, dass die Familie Lust aufs Fernsehen hat und untereinander deutsch spricht“, sagt sie. Diehl hat bereits die erfolgreiche Kölner Doku-Soap „Die Fussbroichs“ gefilmt. Den Sendetermin um 22 Uhr findet sie „ideal.“

Lale Akgün, SPD-Bundesabgeordnete aus Köln, zweifelt daran, dass die „Fussbroichs à la turka“ das Bild der Deutschen über türkischstämmige Familien differenzieren lässt. „Die Özdags werden dann zum neuen Klischee. Es gibt aber keine typische türkische Familie.“ Es gebe leider immer die Tendenz, bei der eigenen Community auf Unterschiede zu pochen und bei den Anderen nur das Klischee zu suchen. „Ich wünsche mir, dass es irgendwann einfach normal ist, in Deutschland einen türkischen Namen zu haben“, sagt sie.

Auch Autor und Migrationsexperte Mark Terkessidis aus Köln ist kritisch: „Am Lauf der Welt ändert eine solche Serie nichts“, sagt er. Die Sichtbarkeit der Migrantenfamilie sei bereits heute ziemlich hoch. Die Probleme lägen tiefer, zum Beispiel in der tendenziell höheren Arbeitslosigkeit von Migrantenfamilien.