: Kein Referendum
KASACHSTAN Autokrat Nursultan Nasarbajew kündigt vorgezogene Wahlen an. Ein Sieg ist ihm sicher
BERLIN taz | Gelenkte Wahlen statt Referendum: Der Verfassungsrat Kasachstans hat am Montag die Parlamentsentscheidung von Mitte Januar, die Vollmachten des Präsidenten per Referendum zu verlängern, für verfassungswidrig erklärt. Nursultan Nasarbajew verzichtete daraufhin auf die Volksbefragung und kündigte an, die Parlamentswahlen auf dieses Jahr vorzuziehen. Dadurch würde sich die Amtszeit des 70-jährigen Steppenautokraten um zwei Jahre verkürzen.
Die Politposse zur Schaffung der lebenslangen Präsidentschaft in Kasachstan nimmt eine unerwartete Wendung. „In Kasachstan geschieht nichts ohne den Willen des Präsidenten“, sagt der Oppositionspolitiker Bulat Abilow der taz, auch der Verfassungsrat mache da keine Ausnahme. Die Opposition überraschte der Verzicht. Sie hatte fest mit dem Referendum gerechnet. Anfang Januar sammelte eine angebliche Volksinitiative zur Unterstützung des Referendums in nur drei Wochen über fünf Millionen Unterschriften.
Im Januar überstimmte das Einparteienparlament das Veto Nasarbajews. Es schien, als würde die Liebe des Volkes den Autokraten zur lebenslangen Herrschaft regelrecht nötigen. Abilow erklärt den Sinneswandel vor allem mit den Vorgängen in Ägypten. „Autokratische Regime sind verwandt“, sagt er. Vielleicht wollte Nasarbajew angesichts der Vorgänge in Kairo den Bogen nicht überspannen.
Wahlen von oben gelenkt
Abilow plant gegen Nasarbajew zu kandidieren, macht sich aber keine Hoffnung, denn „wie immer bei uns werden die Wahlen von oben gelenkt“. Bisher wurde kein Wahlgang in Kasachstan von der OSZE als „frei“ oder „fair“ bewertet. Es bestehe kaum Zweifel, dass Nasarbajew auch bei der kommenden Wahl 90 Prozent der Stimmen erhalten und weitere sieben Jahre regieren werde, sagt Abilow.
Der Westen lobt derweil den kasachischen Referendumsverzicht. Das rohstoffreiche Land zwischen Kaspischem Meer und chinesischer Grenze erhielt 2010 die OSZE-Präsidentschaft, im Dezember veranstaltete Nasarbajew einen pompösen Gipfel in Astana. Die Staatschefs von Europa und der USA beschworen den Reformwillen des zentralasiatischen Landes. Die Referendumsdebatte drohte die Demokratieträume offen zu desavouieren. MARCUS BENSMANN