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Archiv-Artikel

„Nur zu deiner Sicherheit“

über die Lage von Ausländern in Ägypten

NORA MBAGATHI

Es ist in diesen Tagen nicht leicht, in Kairo Ausländerin zu sein. Das Staatsfernsehen verbreitet Verschwörungstheorien von ausländischer Infiltration und Einmischung. Immer wieder wird von Festnahmen und Entführungen berichtet.

Selbst in dem eigentlich ruhigen Viertel Zamalek hört man von gesteigerter Aggression. Der ausländische Massenexodus stimmt viele Ägypter besorgt. Sie glauben, dass es schwerer wird, das Interesse der Welt wachzuhalten. Jemand schreibt bei Twitter, zurzeit sei der sicherste Ort für Ausländer der Tahrir-Platz. Mag sein. Doch wie kommt man hin?

Während ich dusche, um danach mit meiner Nachbarin Lamma auf den Platz zu gehen, klingelt mein Telefon. Es ist Lamma. „Wir können noch nicht los.“ Zwei britische Freundinnen, die zurzeit bei ihr wohnen, sind festgenommen worden.

Als ich zu Lamma in die Wohnung komme, sind die drei schon wieder da. Sie waren mit einer Kamera durch die Straßen gelaufen, und der Armeeoffizier nahm sie fest. Angeblich zu ihrem eigenen Schutz. Sie bleiben heute zu Hause.

Ich habe das Glück, nicht auffällig ausländisch auszusehen, und bekomme so vorerst keine Probleme mit der Armee. Doch die ist nicht die einzige Gefahr. Auch die zivilen Kontrollen um den Tahrir-Platz sind von den Nachrichten nicht unbeeindruckt geblieben. Mein Pass wird dort besonders genau angeschaut.

„Warst du schon mal in Israel oder Jordanien?“, fragt mich ein junger Mann. Nein. Aber die andersartige Schrift meines vietnamesischen Visums irritiert ihn. Doch er glaubt mir schließlich, dass das nicht Hebräisch ist.

„Tut mir wirklich sehr leid, es ist zu deiner eigenen Sicherheit.“ Habe ich das heute nicht schon mal gehört? Als ich vier Stunden später den Platz verlasse, höre ich den Mann in gebrochenem Englisch hinter mir herrufen. „Danke, Nora! Komm wieder, wir brauchen dich.“ Er lächelt und winkt. Ich bin versöhnt.

Ich weiß nicht, ob die Ägypter auf dem Tahrir-Platz Ausländer beschützen können. Doch sie können ihnen ein Gefühl der Wertschätzung geben. Ich gehe morgen wieder hin.