: Ken-Ichi Iwaya ist total zufrieden
BREAD & BUTTER Wegen der Fanmeile am Brandenburger Tor musste der „Mercedes Benz Fashion Week Catwalk“ dieses Jahr auf das Erika-Hess-Eisstadion im Wedding ausweichen. Neuen Glamour hat das nicht gebracht
VON ANDREAS HARTMANN
„Schau mal, da ist der Cristiano Ronaldo“, sagt eine Mutti zu ihren zwei Kindern und zeigt auf ein Plakat, auf dem ein männliches Model Unterhosen bewirbt. Tatsächlich, das ist er, der beste Fußballer der Welt, für den sich aber zumindest derzeit niemand interessiert, weil es Portugal bei der Fußball-WM nicht besonders weit gebracht hat. Auch die zwei Jungs wollen nichts von Ronaldo wissen. Die haben Deutschland-Trikots an, und wenn Thomas Müller seine Modelinie auf der Berliner Modemesse Bread & Butter präsentieren würde, was zugegebenermaßen nur schwer vorstellbar ist, würde das zumindest bei dieser jungen männlichen Kundschaft gerade für mehr Aufmerksamkeit sorgen.
Cristiano Ronaldo ist nicht der einzige Bezug zum Fußball bei Bread & Butter. Die aktuelle Ausgabe der Messe auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Tempelhof hat sich einfach ganz an die WM drangehängt. „Carnaval do Brasil“ lautet das diesjährige Motto, abends werden auch die Halbfinalspiele übertragen, und man hat einen „Copacabana Beach“ eingerichtet.
Man sagt hier also Ja zum Fußball, obwohl deswegen die Fashion Week, zu der die Bread & Butter ja gehört, nicht ganz so präsent ist in Berlin wie sonst. Die Modeszene feiert sich immer ganz in der Nähe vom Brandenburger Tor, in diesem Jahr musste man der Fanmeile weichen, weswegen der „Mercedes Benz Fashion Week Catwalk“ auf das Erika-Hess-Eisstadion in Wedding ausweichen musste. Glamourmäßig hat diese Notlösung Berlin wahrscheinlich nicht wirklich vorangebracht.
Aber auf der Bread & Butter ist die Stimmung auch nicht annähernd so gut wie in irgendeiner Neuköllner Kneipe nach dem 5:0 von Sami Khedira. Klaus Wowereit wollte eigentlich vorbeischauen, schließlich gilt es ja als sein Verdienst, dass die weltgrößte Messe im Bereich Casual Mode nach Berlin gezogen ist. Doch der Regierende Bürgermeister sagte kurzfristig ab, wahrscheinlich weil er schon wusste, was da kommen würde. Karl-Heinz Müller, der Chef der Messe, gab nämlich bekannt, ab sofort Berlin nur noch einmal jährlich bespielen und im Winter lieber in Barcelona, wohin er zwischenzeitlich schon einmal verzogen war, residieren zu wollen. Das klingt nach einem Abschied auf Raten. Nun fragen sich alle, was das genau bedeutet, Ramona Pop von den Grünen nennt diese Entscheidung einen „Schlag für den Modestandort Berlin“.
Ob das wirklich so ist, das sei mal dahingestellt. Einmal im Jahr Bread & Butter – wahrscheinlich reicht das auch. Laura Lemus, die grell bunte Sweater und Hosen ihres polnischen Labels „Mr. Gaga & Miss Go“ präsentiert, meint, dass letztes Jahr jedenfalls mehr los war auf der Messe. Und sie glaubt auch, dass es mit dieser weiter bergab gehen würde. „Zu viele große Marken“ seien hier, diese würden die kleinen, unbekannten Labels zunehmend an den Rand drängen, damit würde aber auch das Interesse an der Messe insgesamt nachlassen, weil es auf dieser immer weniger zu entdecken gebe.
Ähnliches können auch die beiden Mitarbeiter vom Brandschutz berichten, die hier umherschlendern und sich die bemalte Wand eines spanischen Turnschuhherstellers betrachten. „Diese Wand, auf der man Turnschuhe selbst bemalen kann, ist jedes Jahr hier“, berichten sie, was ja nicht gerade darauf schließen lässt, dass sich die Bread & Butter jedes Jahr aufs Neue erfinden würde. Und ja, auch sie finden, dass in den letzten Jahren mehr los war, mehrere Hallen weniger als sonst würden dieses Mal als Ausstellungsfläche genutzt werden.
Wer das junge und kreative Modeberlin entdecken will, von dem immer so viel die Rede ist, scheint auf der Bread & Butter sowieso nicht richtig zu sein. Hier geht es vor allem darum, die nächste Kollektion der eigenen Marke einem Modeladen in Wanne-Eickel anzudrehen. Vor dem Fred-Perry-Stand stehen also jede Menge Typen in Fred-Perry-Shirts rum, um Interessierte abzufischen, und bei Lacoste tragen sie eben alle brav Lacoste-Polos. Mode und Exzentrik, das ist hier definitiv nicht gefragt. Manche stellen Fahrräder vor ihren Stand, weil das wahrscheinlich irgendwie urban und jung wirken soll. Und eine Gummistiefelfirma demonstriert, wie Gummistiefel von Hand hergestellt werden. Als die Gummistiefel fertig sind, klatschen alle.
Ken-Ichi Iwaya ist trotzdem total zufrieden mit der Bread & Butter. Er stellt seine aufwendig gebleichten Jeans gemeinsam mit anderen Japanern im sogenannten Nippon-Room aus, eine Neuheit auf der Messe, die einen Fokus auf Mode aus Japan richten soll. Er habe schon in Paris und Mailand ausgestellt, sagt Ken-Ichi Iwaya, aber dort ginge es für seine Jeans zu high-fashion-mäßig zu. Ken-Ichi Iwaya ist der fehlende Glitz und Glamour auf der Bread & Butter gerade recht.