soziale frühwarnsysteme : Jeder Schritt ein Plus
Soziales Frühwarnsystem war das Modewort des Jahres 2006. Spätestens seit dem Kühlschrank-Tod des Bremer Jungen Kevin ist der sperrige Sozialarbeiter-Begriff in aller Munde. Verschiedene Modelle haben gezeigt, wie die Prävention von Kindesmisshandlung aussehen kann: Beratungsstellen bieten ihre Hilfe an den Kitas an, überforderten Eltern werden PatInnen aus der Nachbarschaft zur Seite gestellt, Hebammen und ErzieherInnen werden geschult. Mit dem neuen Gesetzentwurf will die nordrhein-westfälische Landesregierung jetzt die Kleinsten schützen, verbindliche Kontrolluntersuchungen beim Arzt sollen sie vor gewalttätigem Verhalten und Psychoterror durch ihre Eltern bewahren. Dass Schwarz-Gelb jetzt mit einem ganzen Maßnahmenbündel aktiv wird, kann nur begrüßt werden.
KOMMENTAR VONNATALIE WIESMANN
Der Staat kann zur Verhinderung von Gewalt an Kindern nicht nur auf Familie und Nachbarn bauen. Gerade in den Städten ist die Anonymität oft zu groß, um Misshandlungen rechtzeitig aufzudecken. Ehrenamtliche PatInnen können zwar unterstützen, aber überforderte Eltern benötigen professionelle Hilfe. Regelmäßige Kontrollen beim Arzt sind effektiver. Nicht nur, weil sie flächendeckend sind. Kinderärzte haben, im Gegensatz zu einem Laien, ein geschulteres Auge dafür, ob blaue Flecken von einem Sturz oder von einem Erwachsenen verursacht worden sind. Doch auch das Gelsenkirchener Modell müsste dazu ergänzend in ganz NRW etabliert werden. Die MitarbeiterInnen des Jugendamts, die nach einer Geburt ins Haus kommen, können schnell erkennen, ob das Kind gefährdet ist. Sie können feststellen, ob in der Wohnung ein Kinderbett steht, was die Kinder zu Essen bekommen und Hilfe anbieten. Doch all die sozialen Frühwarnsysteme dürfen keine falschen Hoffnungen auslösen: Es wird immer Fälle von verwahrlosten Kindern und Jugendlichen geben. Sie können höchstens seltener werden.