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Archiv-Artikel

VOM KOHLEKOMPROMISS PROFITIERT VOR ALLEM DER RAG-KONZERN Weg frei für den Börsengang

Selbst ernannte Gewinner, wo man nur hinschaut. Bund und Länder, CDU und SPD – alle reklamieren die Einigung um die Zukunft der deutschen Steinkohle für sich. Die Erleichterung über das Ende des ewigen Dauerkohlegipfels ist bei allen Beteiligten unübersehbar. Dabei gibt es keinen wirklichen Grund zum Feiern. Der politische Streit um den Bergbau ist zwar vorerst beendet, letztendlich einigten sich die Verhandlungspartner nur auf die kosmetische Verschiebung der Eckdaten.

Das Land Nordrhein-Westfalen freut sich darüber, dass es bereits ab 2014 von den Subventionszahlungen für den Bergbau befreit ist – vier Jahre früher als geplant. Und die Bundesregierung ist froh, dass auch in Zukunft vermutlich keine Bergleute in der Arbeitslosenstatistik auftauchen werden. Kurzfristig werden die Erfolge den Regierenden nützen.

Doch das einzig zählbare Ergebnis der unzähligen Sitzungen ist, dass der Weg für den Börsengang des RAG-Konzerns nun endlich frei ist. Die ehemalige Ruhrkohle ist der große Gewinner des Kompromisses. Doch RAG-Chef Werner Müller hält sich bei den Feierlichkeiten in diesen Tagen vornehm zurück. Er genießt das Ergebnis lieber im stillen Kämmerlein. Müller will nicht weiter auffallen, um den Kompromiss nicht doch noch zu gefährden. Kein Wunder: Er ist im Frühjahr 2007 am Ziel seiner Träume. Die RAG kann an die Börse. Zudem sind die Bergleute sozial abgesichert – auch über das Jahr 2018 hinaus. Grundvoraussetzung dafür, dass auch die Bergbaugewerkschaft IG BCE als gleichberechtigter Partner im montan mitbestimmten RAG-Konzern dem Paket zustimmen konnte. Viel mehr konnte Müller nicht erreichen. Der Ruhrgebietsmanager hat sich damit selbst ein Denkmal gebaut. Die Unterstützung aus der Politik hat er gerne in Anspruch genommen.

Während Jürgen Rüttgers, Michael Glos und Co vermutlich erst in ein paar Jahren mit den Spätfolgen der Verhandlungen konfrontiert werden, kann sich Müller nun zurücklehnen und in Ruhe damit befassen, wie er die ehemalige Ruhrkohle gewinnbringend aufstellt. Denn ob die Erlöse aus dem Börsengang ausreichen, um wie vorgesehen die sogenannten Ewigkeitskosten des defizitären Steinkohlebergbaus abzudecken, spielt für den RAG-Konzern nun absolut keine Rolle mehr. Sollte das Geld irgendwann ausgehen, springen eben Bund und Land in die Bresche. Zum jetzigen Zeitpunkt kann niemand nur annähernd einschätzen welche Kosten auf die Steuerzahler zukommen. Immerhin können sich die Beteiligten in Zukunft mit dem Blick auf den DAX trösten. HOLGER PAULER