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Archiv-Artikel

„Viel zu kompliziert“

WAHL Die Türkei wählt neuen Präsidenten und erstmals darf in Deutschland abgestimmt werden

Nebahat Güçlü

■ 48, sie ist die Vorsitzende der türkischen Gemeinde in Hamburg.  Foto: Thomas Malzkorn

taz: Frau Güçlü, zum ersten Mal darf in diesem Jahr auch im Ausland über den neuen türkischen Präsidenten abgestimmt werden. Wo geht das in Hamburg?

Nebahat Güçlü: Direkt in Hamburg gibt es dazu leider keine Möglichkeit. Deutschlandweit wurden sieben Wahlbüros eingerichtet. Von Hamburg aus gesehen ist das Wahlbüro auf dem Messegelände in Hannover am besten zu erreichen.

Das ist ja nicht gerade um die Ecke.

Ja, das ist ein großes Problem. Verschiedene Organisationen bieten aber Shuttlebusse nach Hannover an. Der weite Weg wird dennoch viele Wahlberechtigte von ihrem demokratischen Recht abhalten.

Kann auch per Briefwahl abgestimmt werden?

Ja, die Möglichkeit besteht. Die Briefwahl ist allerdings nur sehr wenigen Menschen bekannt, wird nicht beworben und ist eher unüblich.

Wo werden Sie denn wählen?

Ich werde an einem türkischen Flughafen wählen. Das ist ein erprobtes Verfahren und am praktischsten, wenn man sowieso unterwegs ist. Dort ist auch keine telefonische Voranmeldung erforderlich, wie es im Wahlbüro in Hannover der Fall ist.

Welche Möglichkeit werden die Wahlberechtigten in Hamburg wohl nutzen?

Hier leben knapp 90.000 Menschen mit türkischem Hintergrund. Vorsichtig geschätzt sind davon maximal 15.000 bis 20.000 Personen wahlberechtigt. Viele sind in diesen Tagen im Urlaub und werden ebenfalls an einem türkischen Flughafen wählen. Das Verfahren der zentralen Wahlbüros wie in Hannover ist insgesamt viel zu kompliziert. Dennoch sind wir froh über die Möglichkeit, es muss in Zukunft aber noch Verbesserungen an vielen Stellen geben.

An was denken Sie da konkret?

Wir möchten mindestens ein Wahllokal pro Bundesland. Damit soll der Zugang zur Wahl erleichtert werden. Außerdem möchten wir als Auslandstürken nicht nur wählen, sondern auch selbst gewählt werden können. Eine eigene quotierte Interessensvertretung im Parlament könnte sich um die Belange der in viele Länder verstreuten Türken kümmern. Wir werden die Entwicklung beobachten, auch bei der Parlamentswahl im nächsten Jahr.  INTERVIEW: JAN STAU

Über den türkischen Präsidenten kann vom 31. Juli bis 3. August abgestimmt werden – auch im Wahlbüro Nord auf dem Messegelände Hannover: Anmeldung erforderlich, Infos beim türkischen Konsulat ☎ 040 - 44 80 330