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Archiv-Artikel

Rückhalt für den Ex-Spitzel

Volker Külow, PDS-Abgeordneter im sächsischen Landtag, hat in weit größerem Umfang für die Stasi gearbeitet als bisher bekannt. Nun stellt sich die Linksfraktion hinter ihn

DRESDEN taz ■ In der sächsischen Linkspartei hat der Landtagsabgeordnete und frühere Stasi-Informant Volker Külow überwiegend Rückendeckung erhalten. Während die anderen Landtagsfraktionen den Verzicht auf sein Mandat forderten, stellte sich die kurzfristig einberufene Linksfraktion am Donnerstag hinter ihren Parteikollegen. Auch der Leipziger Stadtvorstand stärkte seinem Vorsitzenden zunächst den Rücken. Am 2. März soll Külow sich vor dem Landesvorstand verantworten.

Der 46-jährige Historiker und damalige Assistent an der Leipziger Uni hatte in einer Erklärung eingeräumt, 1988 und 1989 auch 25 Berichte über Studenten an das Ministerium für Staatssicherheit geliefert zu haben. Bislang war nur bekannt, dass er als Mitarbeiter der „Hauptverwaltung Aufklärung“ für die Anwerbung von Auslandsspionen vorgesehen war.

Külow begründete seinen Einsatz mit seinem Glauben an die sozialistische Idee. Er räumte ein, dass sich einige Berichte und Vertrauensbrüche nicht rechtfertigen ließen.

Zeitungsberichte hatten auf die Aktenlage aufmerksam gemacht. Külow selbst beteuerte mehrfach, dass ihn erst seine Akteneinsicht am Mittwoch an Details erinnert habe, die im umfangreichen Berichtswesen damals untergegangen seien.

Der Rückhalt in der Landespartei fällt allerdings nicht einstimmig aus. Die Fronten lassen sich dabei nicht zwischen älteren Genossen und denen der Post-DDR-Generation ziehen. Kritik an seiner späten Offenbarung kam im Leipziger Stadtverband etwa von den älteren Parteimitgliedern. „Er meint es offenbar ehrlich, muss aber den Rest mit sich selbst ausmachen“, sagte hingegen der junge Zwickauer Abgeordnete Sebastian Scheel. Er stellte aber klar, dass es einen „guten IM“ nicht geben könne. Man müsse auch nach der Außenwirkung und dem Verständnis der Öffentlichkeit fragen. Auch der Medienpolitiker Heiko Hilker wollte nicht über Külows Verbleib in der Linksfraktion abstimmen, verwies aber auf seine moralischen Ansprüche an einen Abgeordneten.

Kritik an den Solidaritätsbekundungen kam von der jüngsten Abgeordneten Julia Bonk. Die Offenheit Külows sei anzuerkennen, aber im Grunde selbstverständlich. Die einzige allgemeine Erklärung der Bundespartei PDS zur Stasi-Frage hatte 1991 Mitglieder zur Offenlegung aufgefordert, sie aber nicht dazu verpflichtet. MICHAEL BARTSCH

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