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Archiv-Artikel

Das Vorgarten-Uran stammt aus Hanau

14 Pellets aus Niedersachsen wurden Anfang der 90er-Jahre gefertigt. Siemens weiß nicht, wie Uran verschwand

HANNOVER taz ■ Das in einem Garten entdeckte Uran stammt aus einer Siemens-Brennelementefabrik in Hanau. Das haben die Untersuchungen der 14 Pellets ergeben, die niedersächsische Behörden im Februar aus einem Grundstück in Lauenrode im Kreis Holzminden ausgegraben hatten.

Nach Angaben des niedersächsischen Umweltministeriums kam das den Vorfall untersuchende Institut aufgrund der Abmessungen, der Kennzahlen auf den Pellets und ihrer Struktur zu dem Schluss, dass allein das ehemalige Siemens-Brennelementewerk in Hanau, die frühere Reaktor-Brennelemente Union (RBU), als Hersteller in Betracht kommt. „Das zu 3,4 bis 3,5 Prozent angereicherte Uran stammt mit hoher Wahrscheinlichkeit aus dem Siemens-Werk in Hanau“, so eine Ministeriumssprecherin gestern in Hannover.

Auch Siemens selbst erklärte, die Pellets seien in Hanau hergestellt worden. In der Brennelementefabrik habe man von 1969 bis 1974 jährlich 200 Millionen Uran-Pellets gefertigt. Das Werk sei aber längst abgerissen – „vollständig zurückgebaut“ – und im Mai vergangenen Jahres auch aus den Verpflichtungen des Atomgesetzes entlassen worden.

Siemens betonte, dass von den 14 Pellets mit einem Gesamtgewicht von etwa 110 Gramm keine Gefahr für Menschen ausgegangen sei. Eine Erklärung, wie das Uran der Brennelementefabrik abhanden kommen konnte, hat aber auch Siemens nicht. Die Mengenbilanzen der Fabrik seien bei den Kontrollen durch die Internationale Atomenergiebehörde (IAEO) nie beanstandet worden. „Die getroffenen Überwachungsmaßnahmen konnten anscheinend nicht verhindern, dass eine Kleinstmenge Uran unbemerkt durch die Kontrolle beim Verlassen des Werkes heraustransportiert wurde“, so Siemens. Die Staatsanwaltschaft Hildesheim erklärte gestern, dass man gegen Verantwortliche nicht wegen unerlaubten Umgangs mit Kernbrennstoffen ermittele.

Die Pellets sind wahrscheinlich Anfang der 90er-Jahre, 1991 oder 1992, gefertigt worden. Das Ergebnis der Untersuchungen bestätigt die Angaben des unter psychischen Problemen leidenden Gartenbesitzers Hermann F., der in einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Siemens-Fabrik in Hanau als Herkunftsort angegeben hatte. F. will das Uran Ende 1991 in der Paderborner Drogenszene erhalten haben. Siemens betonte, dass Hermann F. nie in Hanau als eigener Angestellter oder Mitarbeiter von Fremdfirmen tätig war. JÜRGEN VOGES