schulsystem : Sommers Alleingang
Deutsche Politiker berufen sich gerne auf Vereinte Nationen und Völkerrecht. Aber nur, wenn es ihnen in den Kram passt. Wenn nicht, dann reagieren sie schnell wie George W. Bush und tun so, als ginge sie es nichts an, was bei der UNO diskutiert wird. So auch NRW-Schulministerin Barbara Sommer. Ungerührt hat die CDU-Politikerin die Kritik des UN-Sonderberichterstatters Vernor Muñoz am deutschen Schulsystem an sich abprallen lassen: Das dreigliedrige Schulsystem benachteilige niemanden, teilte sie schlicht mit.
KOMMENTAR VON DIRK ECKERT
Die harte Reaktion der NRW-Regierung verwundert insofern, als die Befunde von Muñoz nicht überraschend sind. Seit Jahren wird in der deutschen Öffentlichkeit darüber debattiert, dass Kinder aus Migrantenvierteln Schwierigkeiten in der Schule haben. Bei ihren deutschen Alters- und Schichtgenossen sieht es oft nicht besser aus, beide Gruppen finden sich überdurchschnittlich oft im Jugendknast wieder. Paternalistisch wurde daraus abgeleitet, dass Migranten- und Unterschichtkids mehr Hilfsangebote brauchen.
Das mag gut gemeint sein, ist aber dennoch verkehrt. Denn statt Hilfe brauchen Kinder gleiche Chancen. Das deutsche Schulsystem, das die Kinder nach der vierten Klasse in gut und schlecht teilt, kann sie ihnen ganz offensichtlich nicht bieten. Es brauchte nur die kurze Reise eines UN-Beauftragten, um das festzustellen.
In einer ersten Reaktion auf den Bericht von Vernor Muñoz hatte der deutsche UN-Botschafter Michael Steiner versprochen, Deutschland werde sich mit den Vorwürfen auseinandersetzen. Da hat Steiner den Mund wohl etwas zu voll genommen – beziehungsweise die Rechnung ohne die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen gemacht. Zum Glück denken die ersten CDU-Kommunalpolitiker bereits um. Und auch SPD und Grünen dämmert es, dass sie in ihrer Regierungszeit etwas verpasst haben.