piwik no script img

Archiv-Artikel

Wolfgang Rohe, Ameisenforscher Umzugshelfer für 100.000 Kunden

Von KC

WOLFGANG ROHE, 45, erforscht unter anderem neue Formen der ökologischen Tier- und Obstproduktion. FOTO: HAWK

Alle seine Schützlinge konnte Wolfgang Rohe bei seinem letzten Großauftrag nicht im Auge behalten, und so waren denn auch Unglücksfälle zu verzeichnen. „Einige tote Arbeiterinnen“, sagt Rohe, „sind vertretbar.“ Er hat Mitte März den Umzug eines Nestes von Kahlrückigen Waldameisen überwacht. Sie mussten in der Nähe von Göttingen einem Baugebiet weichen und deshalb in einen Thüringer Naturschutzpark umziehen. Der nimmt eigentlich Bären auf, um sie aus tierquälerischer Haltung zu retten. Der Standort war aber auch für die Göttinger Exilanten gut geeignet.

Zusammen mit vier Mitstreitern füllte Rohe die Ameisen von Hand in Papiersäcke. Einen ganzen Tag habe das gedauert, erzählt er. Und warnt potentielle Umzugshelfer: „Nicht quetschen!“ Auch das Nestmaterial tüteten die Ameisenfans ein und setzten es später in dem Thüringer Park in ein vorbereitetes Loch. Nicht zu nass und nicht zu schattig durfte der neue Standort sein, damit sich die Ameisen wohlfühlen.

Im Hauptberuf ist der Biologe Rohe Professor an einer Göttinger Fachhochschule. Seit seiner Studienzeit beschäftigt er sich schon mit Ameisen, ansonsten interessiert er sich auch für Wildbiologie – hier erforscht er zum Beispiel, wie Bären überwintern. In seiner Freizeit malt und fotografiert Rohe oder geht mit seinen zwei kleinen Töchtern in den Wald. „Aufgeschlossen“ gegenüber den Ameisen seien die auch, sagt Rohe.

Vielleicht haben die Töchter ja auch die guten Augen geerbt, die ihr Vater braucht: Beim Einpacken sonderte Rohe aus 100.000 umherwuselnden Ameisen 30 Königinnen aus, die in einem gesonderten Sack besonders vorsichtig transportiert wurden. Das ist gar nicht so einfach, vor allem, weil die Königinnen nicht größer sind als die restlichen Ameisen. Zu erkennen sind sie nur daran, dass ihr Hinterleib stärker glänzt und die Brust besonders stark ausgeprägt ist. Für Laien sei es unmöglich, die Königinnen herauszusuchen, sagt Rohe, und auch er selbst habe sicher nicht alle erwischt. Aber mit einigen Jahren Übung, einem scharfen Blick und Schnelligkeit sei es gar nicht so schwierig. KC