piwik no script img

Archiv-Artikel

Die Moral von der Geschicht’

MODELLAUTOS Die Monate bis zum Rücktritt: Schluss ist in der CSU erst, wenn Seehofer die Geduld verliert

MÜNCHEN taz | Christine Haderthauer klebte an ihrem Amt als Staatskanzleichefin wie eine Fliege am Honig. Erst am Montagabend, einen Monat nachdem die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen sie aufnahm, erklärte sie ihren Rücktritt.

Sie zog damit die Konsequenzen aus der Modellbau-Affäre um sie und ihren Mann, den Landgerichtsarzt Hubert Haderthauer. Das Ehepaar hatte in den 90ern die Firma Sapor Modelltechnik gegründet. Das Geschäftsmodell: Psychisch kranke Straftäter fertigen zu niedrigen Löhnen hochwertige Oldtimer-Modelle, die dann teuer an Liebhaber verkauft wurden. Als Haderthauer 2003 in den Landtag einzog, übertrug sie ihre Anteile ihrem Mann. Allerdings war sie 2008, als sie schon Sozialministerin war und damit auch die Fachaufsicht über forensische Kliniken hatte, als Domaininhaberin der Internetseite gelistet und erhielt nach Medienrecherchen noch Zahlungen des Unternehmens.

Anfang August beantragte die Staatsanwaltschaft, ihre Immunität als Abgeordnete aufzuheben, da gegen sie wegen Betrugsverdacht ermittelt wird. Ein früherer Geschäftspartner fühlte sich über den Tisch gezogen und erstattete Anzeige. Ihm wurden bei dem Verkauf der Firma nur 20.000 Euro Abfindung gezahlt. Die Stückzahlen der verkauften Modellautos sollen aber darauf hindeuten, dass das Unternehmen mehr wert war. Auch die Steuerbehörden ermitteln.

Noch im Juli versuchte Haderthauer die Berichterstattung mit Anwaltsschreiben zu unterbinden, sprach von „Sommertheater“ und „Skandalysterie“. In der letzten Sitzung des Kabinetts vor der Sommerpause bezeichnete sie das Unternehmen als ein „von Idealismus getragenes Engagement finanzieller Art“ und stellte damit selbst die Frage nach der Moral. Ihre Geschäftspartner entgegneten allerdings, dass es immer nur darum ging, „dass Geld verdient wird“.

Seehofer hatte erst betont, Haderthauers Verbleib im Amt hänge vom Ausgang der Ermittlungen ab. So lange wollte er nun doch nicht warten und legte ihr nach seinem Urlaub wohl den Rücktritt nahe. LISA SCHNELL