: In den letzten Zügen
Bis Ende Mai will NRW fest legen, welche Gaststätte sich Eckkneipe nennen und Rauchen erlauben darf. Sitzplätze und Größe maßgeblich
Zu Schützenfrühstücken gehört neben Bier und Mettbrötchen auch Zigarettenrauch. Ob in den Festzelten im Lande bald ein Rauchverbot verhängt werden könnte, ist noch unklar. „Ich habe keine Ahnung, ob solche Großveranstaltungen vom Rauchverbot ausgenommen werden“, sagt Bernd Meyer. Er ist Vorsitzender der Schützenbruderschaft St. Laurentius Aachen-Laurensberg 1602 e.V. und plädiert für eine Ausnahme im Festzelt. „Man kann nicht die Hälfte aller Leute vors Zelt schicken.“
VON KATHARINA HEIMEIER UND ANNIKA JOERES
Es gibt Leute, die behaupten, die Röhre in Moers sei die Musikkneipe mit der vermutlich höchsten Rauchdichte NRWs. Ob das bald vorbei ist, steht noch nicht fest. „Da bin ich überfragt“, sagt Inhaber Claudius Albustin. Er weiß bislang nicht, ob sein Club mit Café zur Kategorie Eckkneipe zählt und ob der Veranstaltungsraum als separater Raum gilt. „Mir wäre eine strikte Regelung dafür oder dagegen fast lieber als dieses Chaos.“
Der Schutz vor Zigarettenqualm wird in Nordrhein-Westfalen in einem Düsseldorfer Hinterzimmer entschieden: Eine Arbeitsgruppe mit Vertretern des Gesundheits- und Wirtschaftsministeriums und der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) werden dort über die möglichen Ausnahmen des generellen Rauchverbots entscheiden. Die Mitglieder der Gruppe sollen aber nicht öffentlich genannt werden. „Das sind Fachreferenten und keine höheren Amtsträger“, sagt Ulrich Lensing, Sprecher des CDU-geführten Gesundheitsministeriums.
Im Wattenscheider Profi-Grill riecht es sowieso viel mehr nach Pommesfett als Rauch. Sagt Inhaber und Ein-Sterne-Koch Raimund Ostendorp. Deshalb störe bislang nur wenige der Zigarettenqualm. „Die Leute sind ja auch nur zwanzig Minuten hier“, meint Ostendorp. Er hofft, von der Landesregierung zur Eckkneipe erklärt zu werden. „Die Leute in der Pommesbude sind nicht so sensibel wie im Restaurant.“ Trotzdem sieht er ein mögliches Verbot gelassen. Denn das Wichtigste für die Kunden seien eben doch die Fritten.
Die Ministerpräsidenten hatten sich am Donnerstag auf ein Rauchverbot in der Gastronomie verständigt. Für Diskotheken, öffentliche Verkehrsmittel und Gebäude wie Schulen, Krankenhäuser, Behörden und Altersheime sowie Freizeit- und Kultureinrichtungen gilt künftig ein striktes Rauchverbot. NRW will aber eine entscheidende Ausnahme erlauben: Die so genannte Eckkneipe. Entscheidendes Kriterium soll laut Ministerium ihre Größe sein – ob es Quadratmeter sein werden oder die Anzahl der Sitzplätze, ist noch unklar. „Das ist furchtbar kompliziert“, sagt Lensing. Zählen bei einer Theke zum Beispiel auch die Stehplätze mit oder nur die einzelnen Hocker? „Das entscheidet alles die Gruppe.“
Fußballfans in der Düsseldorfer LTU-Arena sind an das Rauchverbot schon gewohnt: Wenn das Hallendach über den 50.000 Plätzen geschlossen ist, muss die Kippe warten. Bei offenem Himmel darf gezogen werden. „Das wird wohl auch so bleiben“, sagt Sprecher Rainer Schüler. Er findet die jetzige Regelung aber okay, Beschwerden habe es nur sehr wenige gegeben. Sowieso gelten die Verbotszeichen bei Spielen oder Konzerten nicht als Dogma: „Da können sie soviel Leute aufstellen wie sie wollen, ein paar rauchen immer.“
Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) hat schon jetzt genaue Vorstellungen davon, wie groß eine Eckkneipe sein darf: Betriebe mit maximal 40 Sitzplätzen und bis zu 75 Quadratmetern sollen sich so nennen können, erläutert Thomas Keitel, Hauptgeschäftsführer der Dehoga Ostwestfalen. Am Speisenangebot dürfe sich das Rauchverbot seiner Ansicht nach nicht entscheiden. „Eigentlich wird in 95 Prozent aller Kneipen inzwischen Essen angeboten“, sagt er.
Das Düsseldorfer Zakk möchte eine Kneipe sein, in der nebenbei auch ein paar Kleinigkeiten gegessen werden können. In dem soziokulturellen Zentrum können Biere getrunken, Lesungen gehört und Konzerte besucht werden – bislang ist das Rauchen überall erlaubt. „Wir diskutieren gerade viel über ein mögliches Verbot“, sagt Sprecherin Heike Billhardt. Das Zakk sei „Vieles in einem“ und könne nicht mit anderen Gaststätten in einen Topf geworfen werden.
Nicht um ein generelles Rauchverbot, sondern vielmehr um den Schutz der Mitarbeiter geht es der Gewerkschaft NGG. „Die Diskussion dreht sich nur um die Gäste, die vielleicht drei Stunden in der Kneipe sind“, klagt Guido Zeitler, Referatsleiter Hotel- und Gaststättengewerbe. Die Ergebnisse der Länderberatungen seien unbefriedigend. Beim Sonderweg Nordrhein-Westfalens würden die Beschäftigten vergessen. „In Eckkneipen arbeiten Menschen, die nach wie vor dem Rauch ausgesetzt sein werden.“