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Archiv-Artikel

Berliner dürfen wieder mehr arbeiten

Die offizielle Arbeitslosenquote in der Hauptstadt geht weiter zurück, neue sozialversicherungspflichtige Stellen werden geschaffen. Viele von ihnen befinden sich aber in der Leiharbeitsbranche oder im Niedriglohnsektor

Die konjunkturelle Belebung macht sich auch in Berlin bemerkbar. Im März sank die Zahl der registrierten Arbeitslosen erneut, und immer mehr Menschen sind wieder in sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung.

Entwarnung am Arbeitsmarkt kann trotzdem noch lange nicht gegeben werden: Immerhin liegt die offizielle Arbeitslosenquote bei 16,3 Prozent, und viele der neuen festen Jobs finden sich im Niedriglohnbereich. Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei) fordert denn auch einen gesetzlichen Mindestlohn. „Gerade in Ostdeutschland können viele Menschen von ihrer Arbeit nicht leben und beziehen zusätzlich Leistungen aus Hartz IV“, begründet der Senator seinen Vorstoß.

Ende Dezember 2006 – so die neuesten Zahlen – waren in Berlin 1,043 Millionen Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Das sind rund 24.500 mehr als ein Jahr zuvor, ein Plus von 2,4 Prozent. Der Beschäftigungszuwachs in Berlin liegt damit über dem Bundesdurchschnitt, der sich bei 0,7 Prozent einpegelte. Ursache für den überdurchschnittlichen prozentualen Anstieg ist das im Vergleich zu wirtschaftsstärkeren Bundesländern geringere Ausgangsniveau in Berlin.

Ungetrübt kann die Freude über das Plus an Beschäftigung allerdings nicht sein. Den Löwenanteil machte nämlich der Bereich Dienstleistungen aus, in dem 14.500 neue Stellen geschaffen wurden. Zum Dienstleistungssektor, zum Teil von Niedriglohnbranchen geprägt, zählt statistisch auch die derzeit boomende Zeitarbeit mit ihren geringen Löhnen. Neue Jobs wurden darüber hinaus in den Bereichen Erziehung und Unterricht, Verkehr und Nachrichtenübermittlung und bei der Energieversorgung geschaffen. Weniger Arbeitsplätze gab es in der öffentlichen Verwaltung, in der Industrie und auf dem Bau.

Knapp 40.000 Berliner waren Ende März in öffentlich geförderter Beschäftigung tätig. Rund 32.000 verdingten sich in 1-Euro-Jobs, knapp 8.000 in ABM. Währen die Zahl der ABM-Stellen im Vergleich zum Vorjahr deutlich stieg, blieb die der 1-Euro-Jobs nahezu konstant.

Der DGB Berlin-Brandenburg wertet die leichte Entspannung als „trügerisch“. Landeschef Dieter Scholz hebt hervor, dass sich mehr als 500.000 Menschen in der Region in „prekären Beschäftigungsverhältnissen“ befänden. Reguläre sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze entstünden nicht in dem nötigen Maße.

RICHARD ROTHER