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AMERICAN PIE Zu Hause ist am schönsten

BASKETBALL Zu weich für die Playoffs? Dirk Nowitzki und die Dallas Mavericks haben mal wieder Probleme – diesmal gegen Portland

Der Frühling mag eine Zeit des Aufbruchs und des Wandels sein, aber ein paar Dinge bleiben zum Glück gleich: Die Uhr wird umgestellt, Männer entblößen blasse Waden und die Dallas Mavericks blamieren sich in den Playoffs.

Es ist eine ewig wiederkehrende Diskussion in Dallas: Fehlt den Mavericks und vor allem ihrem unbestritten besten Spieler Dirk Nowitzki die nötige Wettkampfhärte für die entscheidende K.o.-Runde der NBA? Die Fakten jedenfalls deuten daraufhin. Alle Jahre wieder spielen die Mavs eine formidable reguläre Saison, aber wenn es ernst wird, scheiden sie gegen deutlich talentlosere Teams aus.

In diesem Jahr droht das vorzeitige Aus mal wieder bereits in der ersten Runde: Zwar konnte Dallas am Montag gegen die Portland Trail Blazers mit 93:82 gewinnen und mit 3:2 Siegen in Führung gehen. Nun fehlt also nur noch ein Erfolg zum Weiterkommen, aber das nächste Spiel steigt am Donnerstag wieder in Portland und dort haben die Mavericks in dieser Saison bei vier Auftritten noch nicht gewonnen. Bleibt es dabei, dass in dieser Serie stets die Heimmannschaften obsiegen, käme es zu einem alles entscheidenden siebten Spiel – wieder in Dallas. Trotzdem darf man in diesem Falle getrost am Nervenkostüm von Nowitzki und seinen Kollegen zweifeln.

Das psychologische Trauma, mit dem sich Dallas abplagt, stammt aus dem Jahre 2006. Damals besiegte man auf dem Weg ins Finale den Angstgegner San Antonio Spurs und führte den Endspielkontrahenten Miami Heat in den ersten beiden Spielen vor. In der dritten Begegnung führte man sechs Minuten vor Schluss mit 13 Punkten, verlor das Spiel aber und ging anschließend sang- und klanglos unter.

Es kamen Gerüchte auf, die allzu siegessicheren Mavericks hätten sich in den Strip-Clubs von Miami die Nächte um die Ohren geschlagen. Vor allem aber sind sie in den vier Jahren seit dem historischen Einbruch dreimal in der ersten Playoff-Runde ausgeschieden, stets gegen schlechter eingeschätzte Gegner. Dieses Schicksal droht nun auch gegen Portland, obwohl Mannschaft und Trainer seitdem nahezu komplett ausgetauscht wurden – abgesehen von Nowitzki, der von Medien und Fans in Dallas mal verteidigt wird, mal als Symbol für das fehlende Durchsetzungsvermögen gesehen wird.

Aber es besteht Hoffnung und die trägt den Namen Tyson Chandler. Der unermüdlich kämpfende Center könnte der fehlende Baustein sein, der die als zu weich verspotteten Mavericks zu einem zähen Playoff-Team befördert. Im letzten Spiel gegen Portland war er jedenfalls der entscheidende Mann: Nowitzki war zwar mit 25 Punkten wieder mal der Topscorer der Partie, aber Chandler sammelte unglaubliche 13 Offensivrebounds ein, vier mehr als die gesamten Trail Blazers. Das sorgte nicht nur für zusätzliche Wurfmöglichkeiten, sondern auch für Frustration beim Gegner. „Tyson war phänomenal“, lobte Mavericks-Coach Rick Carlisle anschließend, „jedes Mal, wenn er den Ball zurückerobert, bringt er auch das Publikum in Fahrt.“

Der Trainer selbst allerdings steht in der Kritik. In Spiel Nummer vier hatte seine Mannschaft einen 23-Punkte-Vorsprung verspielt, und Carlisle hatte von der Seitenlinie aus nahezu tatenlos zugesehen, wie Portlands Brandon Roy in der Schlussphase nach Belieben an seinem alleingelassenen Gegenspieler vorbeizog und einen Korb nach dem anderen erzielte. Er ließ den heißgelaufenen Roy weder doppeln noch stellte er auf eine Zonenverteidigung um. „Ich übernehme einen Teil der Verantwortung“, sagte Carlisle nach dem Debakel, aber der Rückhalt des Trainers in der Mannschaft scheint zu bröckeln.

Carlisle jedoch ist lernfähig. Am Montag setzte Dallas vermehrt Zonendeckung ein und brachte das Spiel so – trotz stotternder Offensive – relativ ungefährdet über die Bühne. Vielleicht wachsen im Frühling nun doch mal andere, widerstandsfähigere Mavericks. THOMAS WINKLER