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Archiv-Artikel

DER MIETHAI Im Zweifel für das Wohnen

Eve Raatschen ist Juristin beim Hamburger Mieterverein Mieter helfen Mietern

Mieter, die in den gemieteten Räumen wohnen und arbeiten, können nun aufatmen

Am 9. Juli hat der Bundesgerichtshof eine bedeutende Änderung der bisherigen Rechtsprechung beschlossen (VIII ZR 376/13). An diesem Tag wies das Gericht die Kündigung eines Vermieters als unberechtigt zurück. Im vermieteten Haus wohnte der Mieter und betrieb darin auch eine Praxis – nach der bisherigen Rechtsprechung galt in diesen Fällen stets das Mietrecht für gewerbliche Nutzungen, wonach eine Kündigung ohne Begründung zulässig wäre.

Schnee von gestern, meint der Bundesgerichtshof, denn die Wohnung sei der schützenswerte Ort der Verwirklichung seiner privaten Lebensvorstellungen, den der Mieter benötige um Kraft und Energie für seine Berufsausübung zu gewinnen. Deswegen komme es bei der Einordnung von Mischverträgen nicht mehr darauf an, ob der Mieter mit der beruflichen Nutzung seinen Lebensunterhalt verdienen will.

Im Zweifel oder bei Gleichwertigkeit der beiden Nutzungsarten ist bei sogenannten Mischmietverträgen davon auszugehen, dass Wohnraummietrecht mit all seinen Schutzvorschriften zugunsten der Wohnungsmieter gilt. Das kann sogar dann der Fall sein, wenn ein gewerblicher Mietvertrag unterzeichnet wurde.

Im Einzelfall muss allerdings entschieden werden, welche Nutzungsart überwiegt. Kriterien können das Flächenverhältnis Wohn- und Gewerbenutzung sein, der bauliche Zuschnitt oder auch Gespräche über die geplante Nutzung bei Anmietung. Nach wie vor entscheidend für die Einordnung ist das, was bei Einzug beabsichtigt war. Später Änderungen der Nutzungsart, die nicht ausdrücklich vereinbart wurden, haben keinen Einfluss auf die rechtliche Einordnung des Vertrages

Viele Mieter, die in den gemieteten Räumen wohnen und arbeiten, können nun aufatmen. Wer sich noch überlegt, einen solchen Vertrag zu unterzeichnen, sollte dennoch unbedingt zum Vertragsabschluss Zeugen mitnehmen, um eventuelle Gespräche mit dem Vermieter über Art und Umfang der Nutzung später beweisen zu können.

„Mieter helfen Mietern“, Bartelsstraße 30, Hamburg, ☎ 040/431 39 40, www.mhm-hamburg.de