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Archiv-Artikel

Billiglöhner vertröstet

Die NRW-CDU kann sich nicht auf ein Konzept gegen Lohndumping einigen: CDA-Politiker sammeln Unterschriften für Mindestlöhne. Minister Laumann ist gegen eine bundesweite Lohnuntergrenze

VON MARTIN TEIGELER

Die Regierungspartei NRW-CDU ist beim Thema Mindestlöhne gespalten: Während die Landesregierung eine flächendeckende Gesetzesregelung gegen Lohndumping bislang ablehnt, sammeln CDU-Arbeitnehmer aus dem größten Landesverband Unterschriften für Mindestlöhne. „Wer in Vollzeit arbeitet, muss einen Lohn bekommen, der die Existenz sichert“, heißt es in dem aktuellen Aufruf, zu dessen Erstunterzeichnern die stellvertretende DGB-Landeschefin Elke Hannack und der NRW-CDU-Bundestagsabgeordnete Willi Zylajew gehören. Auch die SPD sammelt seit Wochen Unterschriften für Mindestlöhne.

NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann wird auf der CDA-Homepage nicht als Unterzeichner der neuen Initiative erwähnt – obwohl er Bundesvorsitzender der CDU-Sozialausschüsse ist. Laumann hält „einen bundesweiten gesetzlichen Mindestlohn“ für falsch. Ende März hatte er in Düsseldorf Vorschläge für „regionale Mindestlöhne“ vorgelegt. „So wie wir einen Mietspiegel haben, kann es ja auch einen Spiegel über Löhne geben“, sagte Laumann. Statt einer verbindlichen Untergrenze solle in einzelnen Regionen ein Durchschnitt aus den verschiedenen Tarifverträgen gebildet werden.

„Der Laumann-Plan ist ein guter Kompromiss“, sagt Dennis Radtke, NRW-Landesvorsitzender der CDA-Nachwuchsorganisation. Mindestlöhne seien geltende Beschlusslage der CDU-Arbeitnehmerschaft in NRW. Der liberale Koalitionspartner der Landes-CDU ist indes gegen ein Gesetz. Einem Mindestlohn erteilte NRW-FDP-Generalsekretär Christian Lindner unlängst eine Absage: „Diejenigen, die aufgrund geringer Qualifikation nur zu niedrigen Löhnen Arbeit finden, sollte der Staat besser über einen Steuerrabatt oder eine Transferleistung unterstützen“, sagte er der Rheinischen Post. Armut trotz Arbeit dürfe es in Deutschland nicht geben.

Von Jürgen Rüttgers, der seit einigen Monaten als Chef-Sozialgewissen der Union auftritt, war gestern keine Stellungnahme zu bekommen. „Der Ministerpräsident ist im Urlaub und will sich derzeit nicht zu dem Thema äußern“, sagte eine Sprecherin der NRW-Staatskanzlei. Ende Januar hatte Rüttgers noch in Berlin gesagt: „Wir halten einen gesetzlichen Mindestlohn für einen falschen Weg, weil er viele, viele tausend Arbeitsplätze kostet.“

„Die Frage, wie Menschen am unteren Ende des Arbeitsmarkts geholfen werden kann, muss die CDU sehr beschäftigen“, sagt die Berliner Politikwissenschaftlerin und CDU-Expertin Ingrid Reichart-Dreyer. Der Laumann-Plan und die jüngste CDA-Initiative seien Beleg dafür, dass die Union durchaus an dem Thema interessiert sei. Am starren Nein gegen Mindestlöhne könne die Bundes-CDU nicht festhalten. „Die reine Fixierung auf den Markt löst bei nicht wenigen Mitgliedern ein Grummeln aus“, so Reichart-Dreyer. Auch CDU-Anhänger seien von Dumpinglöhnen betroffen.