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Archiv-Artikel

RALF WALDSCHMIDT, INTENDANT Hoffen auf Osnabrück

Von PS
Ralf Waldschmidt

■ 52, Germanistik- und Theaterwissenschaftler, hat über Richard Wagners „Parsifal“ promoviert.  Foto: dpa

Was er nicht mag, ist stiller Groll. Theaterbesucher, die ihre Wut in sich hineinfressen, anstatt zu reden. Derlei hat Ralf Waldschmidt als Operndirektor am Augsburger Theater erlebt. Aber das deutet er nur an; allzu laut mag er nicht über sein Publikum schimpfen. Er hofft aber sehr, dass das in Osnabrück anders wird.

Die Chancen stehen gut, findet Waldschmidt, der ab Herbst das Osnabrücker Vier-Sparten-Theater leitet. „Ich empfinde das Osnabrücker Publikum als im guten Sinne kritisch“, sagt er. „Die Menschen sagen, was sie denken. Sie treten in einen Dialog.“

Dessen Radius möchte Waldschmidt noch erweitern. Über Politik, Visionen, über Krieg und Frieden will er reden. Dafür sei Osnabrück prädestiniert: „Die Tatsache, dass hier der 30-jährige Krieg beendet wurde, dass Remarque von hier stammt und man dem im Holocaust ermordeten Maler Felix Nussbaum ein Museum baute, nötigen einen, sich dieser grundsätzlichen Fragen anzunehmen.“ Da müsse sich Theater stärker einmischen.

Waldschmidt, ein politischer Intendant? „Nicht im Sinne eines Agitprop der 60er Jahre“, sagt er. „Aber wenn ich Menschen zur Reflexion animiere, ist es ein hochpolitischer Vorgang.“

Waldschmidt hat schon viel erlebt: Als Musik- und Schauspieldramaturg hat er etwa in Frankfurt, Berlin und Bremen gewirkt. Auch heute mag er sich für keine Sparte entscheiden. „Mich interessiert die Verbindung.“ In Osnabrück wird es – ein Novum – eine gemeinsame Dramaturgie für Schauspiel, Oper und Tanz geben.

Was will er noch? Natürlich die Glücksträhne seines Vorgängers Holger Schultze fortsetzen. Der hat das Theater in den letzten Jahren zu einem der renommierteren gemacht und das junge Festival „Spieltriebe“ gegründet. Das wird bleiben, „entfesselt“ lautet das Motto 2011.

Musikalisch will Waldschmidt eher in der Vergangenheit wühlen: Norddeutschen Barock will er präsentieren, Telemanns Singspiel „Sieg der Schönheit“ zum Beispiel. Ein zu recht vergessenes Stück? „Nein“, lacht Waldschmidt. „Mein Dramaturg hat gleich eine wohlige Gänsehaut bekommen.“ PS