: Nazis bekommen Besuch
Bei Ermittlungen im rechtsradikalen Milieu hat die Polizei gestern bei Durchsuchungen in der westfälisch- niedersächsischen Grenzregion um Osnabrück Waffen sichergestellt. Darunter zahlreiche Gewehre und Schlagstöcke
Die Besuche kamen überraschend. Gestern durchsuchte eine Sonderkommission der Polizei die Wohnungen von 26 Neonazis in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Die Razzia richte sich vor allem gegen Rechte im Raum Osnabrück. „Wir ermitteln wegen des Verdachtes der Bildung bewaffneter Gruppen“, sagte Staatsanwalt Alexander Retemeyer in Osnabrück.
Vechta, 6.00 Uhr früh: An der Tür des Einfamilienhaus klingen vier Zivilbeamte und ein Uniformierter. Die kleine Buchsbaumhecke an dem weißen Haus in der Kreuzstraße ist gepflegt. Vom ersten Stock schaut Christian Fischer, jetzt NPD-Verantwortlicher für die Stadt Vechta aus dem Fenster – müde und überrascht.
Zeitgleich klingeln Beamte an den Türen von den NPDlern Christian von Velsen und Stefan Riesel. Teilweise mussten sich die Beamten gewaltsam Zutritt zu den Wohnungen verschaffen. Bevor die eigentlichen Dursuchungen begannen, wurden Polizeihunde durch die Wohnungen geführt. Die Polizei suchte in 30 Objekten – unter anderem in Münster, Nordheim, Grafschaft Bentheim und Osnabrück – nach Waffen.
Auslöser für die Razzia waren Bilder von einem Zeltlager aus dem vergangenen Sommer. Bei einer Durchsuchung im Oktober hatten die Polizei bei der „Kameradschaft Vechta“ auf Computern Fotografien von Wehrsportübungen und Scheinhinrichtungen gefunden. Darauf ist zu sehen, wie ein Neonazi jemanden eine Waffe in den Mund hält. Auf anderen Fotos wird das Abschlagen eines Kopfes mit der Machete angedeutet.
„Das war ein paramilitärisches Sommercamp“, sagt Staatsanwalt Retemeyer. In Wilsum (Grafschaft Bentheim) richteten die Neonazis das Lager aus. Die genaue Teilnehmerzahl ist noch nicht ermittelt – es soll sich aber um mindestens 30 Menschen im Alter zwischen 15 und 51 Jahren handeln. Unter den Verdächtigen sind auch vier Frauen.
Die Ermittler stellten bei den Durchsuchungen diverse scharfgemachte Schreckschusspistolen und Luftgewehre sicher. „Unsere Techniker müssen noch überprüfen, wie viele Waffen scharf sind“, sagt Georg Linke, Osnabrücker Polizeipressesprecher. In etwa zwei Monaten könnten die Ermittlungen abgeschlossen sein. Schon jetzt dürfte die Razzien die Vorbereitungen der NPD für ihren Marsch in Vechta belasten. Am 1. Mai wollten sie in der Stadt aufmarschieren. Gegendemonstrationen sind schon genehmigt.ANDREAS SPEIT