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Archiv-Artikel

Tempelhofgegner setzen sich durch

Das Abgeordnetenhaus bestätigt die Schließungspläne für den Flughafen Tempelhof. SPD, Linkspartei und Grüne stimmen CDU und FDP nieder. Ein Bundestagsgutachten schürt den Streit um die Schaffung eines „Sonderflughafens“

Die längst beschlossene Schließung des Flughafens Tempelhof erregt in Westberlin immer noch so die Gemüter, als stünde die Rote Armee vor dem Einmarsch in den amerikanischen Sektor. So auch gestern im Berliner Abgeordnetenhaus. Die wichtige Nachricht zuerst: Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen von SPD und Linkspartei.PDS sowie der oppositionellen Grünen wurde der Schließungsplan des rot-roten Senats bestätigt; dagegen votierten die Fraktionen von CDU und FDP.

Zuvor hatte es eine leidenschaftliche Auseinandersetzung um die Schließung des Flughafens gegeben. Wie üblich meldete sich der Polit-Polterer Martin Lindner, seines Zeichens FDP-Fraktionschef, besonders lautstark zu Wort. Die Schließung des Flughafens sei ein „Verrat an den Interessen Berlins“, der rot-rote Senat agiere wie „eine isolierte Sekte“. CDU-Fraktionschef Friedbert Pflüger forderte den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), aus der „Trotzecke zu kommen“ und eine Weiternutzung Tempelhofs zu prüfen.

Wowereit reagierte ungewohnt emotional. Die Flughafen Tegel und Tempelhof würden für jedwede Form von Flugverkehr geschlossen, um den Großflughafen Berlin-Brandenburg International (BBI) in Schönefeld nicht zu gefährden. „Ich hatte Bauchschmerzen, ob wir BBI vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig so durchkriegen“, bekannte Wowereit. Jetzt dieses Fass erneut aufzumachen, sei Wahnsinn. Rechtliche Voraussetzung für BBI sei die Schließung von Tegel und Tempelhof. Den BBI-Anwohnern, die gegen das Großprojekt geklagt hatten, könne man jetzt nicht „April, April“ sagen und Tempelhof offenhalten. „Was haben Sie denn für ein Rechtsverständnis?“, rief Wowereit Pflüger und Lindner zu. Neue Gutachten änderten nichts an der Tatsache, dass ein Weiterbetrieb Tempelhofs BBI juristisch gefährde.

Wowereit bezog sich auf ein neues Rechtsgutachten, das das Bundesfinanzministerium in Auftrag gegeben hatte. Darin kommen die Gutachter zu dem Ergebnis, dass „unterhalb der luftverkehrsrechtlichen Qualifizierung als Verkehrsflughafen ein Weiterbetrieb von Tempelhof als Sonderflughafen oder Sonderlandeplatz“ in Betracht komme. Voraussetzung dafür sei allerdings eine Änderung des Landesentwicklungsplanes. Wowereit sagte, eine Änderung des Planungsrechts wäre ein neues „Einfallstor“ für alle Kläger, die beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig gegen den Bau des neuen Flughafens geklagt hatten und abgewiesen wurden.

Für die Grünen unterstützte die Fraktionsvorsitzende Franziska Eichstädt-Bohlig die Position des Senats. Auch wegen des Umweltschutzes müsse Tempelhof dichtgemacht werden. Sie kritisierte allerdings auch die BBI-Euphorie. Wegen des Klimaschutzes müsse über eine Reduzierung des Flugverkehrs nachgedacht werden. Die Fraktionsvorsitzende der Linkspartei.PDS, Carola Bluhm, wandte sich gegen einen Privatflughafen „mitten in der Stadt“. Man könne nicht „Flächen in der Größe des Tiergartens“ für ein „paar Privatflieger des Jet-Sets“ offen halten.RICHARD ROTHER