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Archiv-Artikel

Die Börse schlägt zu

Die Frankfurter Börse scheint im Fusionspoker zum Zuge zu kommen: Sie kauft die New Yorker Derivatebörse ISE

BERLIN taz ■ Jahrelang war die Deutsche Börse auf Freiersfüßen unterwegs – jetzt hat sie in New York einen Partner gefunden. Am Montag unterzeichnete sie einen Vertrag über den Kauf der Derivatebörse International Securities Exchange (ISE) für rund zwei Milliarden Euro. Nun müssen nur noch die ISE-Aktionäre und die US-Börsenaufsicht zustimmen.

Die erst vor sieben Jahren gegründete ISE handelt, anders als ihr größeres und älteres Pendant New York Stock Exchange (NYSE), nicht direkt mit Aktien. Sie ist ein elektronischer Handelsplatz für Optionen auf Aktien, Aktienindizes und Devisen – oder, vereinfacht gesagt, für Wetten auf deren Kursentwicklung.

Folgerichtig soll die ISE auch nicht an die Deutsche Börse selbst angekoppelt werden, sondern an Eurex, die von Deutscher und Schweizer Börse zusammen betriebene größte Derivatebörse der Welt. Sie bietet alle Arten von Futures und Optionen aus dem Euro-Raum an. Das sind Wertpapiere, die dem Käufer das Recht geben, Aktien, Währungen oder Rohstoffe zu einem späteren Zeitpunkt für einen vorher vereinbarten Festpreis zu kaufen oder zu verkaufen.

„Mit dieser Transaktion baut die Deutsche Börse ihre führende Position in den schnell wachsenden weltweiten Derivatemärkten aus“, sagte Börsenchef Reto Francioni. Für die Deutsche Börse ist die ISE mit ihrem Umsatz von gerade mal 179 Millionen Dollar – ein Zehntel dessen, was die Frankfurter erzielen – sicher nicht der Traumpartner. Die Übernahme passt dennoch in die Strategie der Deutschen, die im Derivategeschäft höhere Wachstumschancen sehen als im klassischen Aktienhandel.

Lange war die Deutsche Börse im Fusionspoker leer ausgegangen. Im Jahr 2000 und noch einmal 2005 hatte sie die Londoner Börse übernehmen wollen. 2005 machten Hedgefonds den Frankfurtern einen Strich durch die Rechnung. Die Fonds hatten Anteile der Deutschen Börse gekauft und forderten, dass diese ihre Gewinne an die Anteilseigner ausschüttet, statt sie in eine teure Übernahme zu stecken. Vergangenes Jahr versuchte die Deutsche Börse erneut, eine internationale Allianz zu schmieden – diesmal mit Euronext, die ihrerseits aus der Fusion der Börsen von Amsterdam, Brüssel und Paris hervorgegangen war. Euronext aber gab dem Werben der New Yorker NYSE nach.

Eurex wiederum hatte zuvor schon versucht, in den USA Fuß zu fassen. Mit einer 2004 gegründeten Niederlassung in Chicago wollten die Derivatehändler dem alteingesessenen Chicago Board of Trade Konkurrenz machen. Der Versuch war wenig erfolgreich, sodass Eurex die Unternehmung vergangenes Jahr wieder verkaufte. NICOLA LIEBERT