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Archiv-Artikel

„Eine politisch bedeutsame Aktion“

Mehran Barati von den United Republicans of Iran freut sich auf die Nationalmannschaft aus Teheran. Der Oppositionelle glaubt, dass die Fußballerinnen Vorbild sein können für iranische Frauen, die in die Welt hinauswollen

MEHRAN BARATI, 64, Vorstandsmitglied der iranischen Oppositionsorganisation „United Republicans of Iran“.

taz: Herr Barati, morgen spielt die iranische Fußballnationalmannschaft der Frauen in Kreuzberg. Wie wird das von den Berliner Exiliranern aufgenommen?

Mehran Barati: Ich glaube, nicht nur die Berliner Exiliraner, die Iraner in der ganzen Welt halten das für eine sehr schöne, politisch bedeutsame Aktion.

Inwiefern?

In Iran ist es noch immer so, dass unsere Frauen die Stadien nicht besuchen dürfen, weil die Männer in kurzen Hosen auftreten. Sie selber können nicht spielen, wenn männliche Zuschauer anwesend sind. In der Scharia steht eigentlich gar nichts davon. Zu der Zeit, als das islamische Gesetzbuch verfasst wurde, gab es schließlich noch keinen Fußball. Trotzdem wird das jetzt auf Biegen und Brechen so religiös gedeutet.

Sport bei Frauen ist in Iran also ein Politikum?

Ja. Wenn iranische Frauen sich entschließen, vor fremden Männern zu spielen, ist das auf jeden Fall eine politisch bedeutsame Entscheidung.

Die iranische Regierung könnte das Spiel auch nutzen, um das eigene Image zu verbessern. Und im Iran ändert sich trotzdem nichts.

Wir Iraner haben in den letzten 30 Jahren gelernt, kleine Brötchen zu backen. Egal, wie das Regime das Spiel deutet: Es hat eine gesellschaftliche Auswirkung. Die Fußballerinnen haben eine Vorbildfunktion auch für Frauen, die sich anderswo betätigen oder in die Welt hinauswollen.

Wird es rund um das Spiel Proteste geben, weil es die Nationalmannschaft ist?

Ich denke nicht. Unsere Fußballer, die zur WM kamen, wurden auch von allen begeistert empfangen. Niemand glaubt, dass die Mannschaft die Vertretung der iranischen Regierung ist. Im Gegenteil. Stadien in Iran sind Orte, an denen Menschen auch ihren Protest zum Ausdruck bringen.

Dann andersherum: Wird es einen Fanclub geben?

Das kann ich mir schon viel eher vorstellen, schließlich haben wir in Berlin auch eine starke iranische Frauengruppe.

Ist ein Treffen von Exiliranern mit der Mannschaft geplant?

Wenn, dann wird man das nicht öffentlich machen. Die meisten Iraner hier sind ja Oppositionelle. Mit der Mannschaft werden sicherlich auch Spitzel aus dem Informationsministerium kommen. Man muss erst einen Weg finden, die Frauen ohne Beobachtung treffen zu können.

Was glauben Sie, wie wird Berlin auf die Mädchen wirken?

Gut. Die gehören bestimmt nicht zur Riege der streng Gläubigen, sondern stammen wahrscheinlich aus besseren Familien, die Europa kennen. Sie werden sich höchstens darüber beklagen, dass sie sich trotz der Hitze so bedecken müssen. Ich hoffe sehr, dass es am Freitag schön kühl ist.

INTERVIEW: A. LANG-LENDORFF