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Archiv-Artikel

Anwältin des Protests

Ulrike Donath kämpft auch beim G-8-Gipfel gegen demonstrationsfreie Zonen – mit einigem Erfolg

Eigentlich, findet Ulrike Donat, müsste der Sternmarsch der GlobalisierungskritikerInnen bis vors Kempinski-Hotel nach Heiligendamm ziehen dürfen. Weil es „der Sinn des Demonstrationsrechts ist, den Herrschenden seinen Unmut kundzutun“. Und zwar auch massenhaft. Doch inzwischen wäre die Anwältin aus Hamburg auch einverstanden, wenn wenigstens eine Delegation von KritikerInnen bis zum Tagungsort ziehen dürfte. Einen entsprechenden Kompromiss schlug Donath am Mittwoch dem Oberverwaltungsgericht Greifswald vor, das über das Versammlungsverbot entscheiden muss. Denn im Eilverfahren, weiß die Grundrechtsschützerin, ist es kaum mehr möglich, die sogenannte Gefahrenprognose der Polizei grundlegend zu „erschüttern“.

Donat, 50 Jahre alt, fällt dieses Urteil mit einiger Erfahrung. Seit über 20 Jahren streitet die Juristin mit Polizeibehörden und Verwaltungsgerichten um das Recht auf Protest – in Brokdorf, in Mutlangen, im Wendland und jetzt in Heiligendamm. Es ist ein zäher Kampf, der einen langen Atem braucht. Doch es gibt Erfolge: Noch vor wenigen Jahren etwa nahm die Polizei den tausendfachen Protest im Wendland einfach in Gewahrsam: runter von der Straße, rein in die Zelle, und das so lange, bis der Castor im Zwischenlager ist. Es war Donat, die einen dieser Fälle bis vors Bundesverfassungsgericht brachte – und gewann. Die Polizeimaßnahme, urteilten die Verfassungsrichter, müsse erstens im Verhältnis zur Schwere der „Tat“ stehen – bei friedlichen Sitzblockaden allenfalls eine Ordnungswidrigkeit. Zweitens müsse bei jeder einzelnen Freiheitsentziehung „unverzüglich“ ein Richter konsultiert werden. Die Zahl der Ingewahrsamnahmen beim Castor ging seither drastisch zurück.

Donat kennt das Problem aus eigener Erfahrung: 1985 steckte sie mitten im Staatsexamen, als in Gorleben Atommüllfässer anrollten. Zwischen der zweiten und dritten Klausur fuhr sie zur Demo – und landete prompt in Gewahrsam. „Ich hatte nur die Hoffnung, rechtzeitig wieder rauszukommen“, sagt sie. Sie kam – und schrieb in Polizeirecht eine Eins.

Den Vorbeugegewahrsam, mit dem die G-8-Polizei derzeit unliebsamen ProtestlerInnen droht, hält Donat im Lichte des Verfassungsgerichtsurteils schlicht für rechtswidrig. Für die richterlichen Anhörungen, die Karlsruhe verlangt hat, hat sie vorgesorgt: rund 100 AnwältInnen stehen jedenfalls zum Notdienst bereit. ARMIN SIMON