: Mehr Atomstrom für Deutschland empfohlen
Die Internationale Energie-Agentur kritisiert die deutsche Förderung der Solarindustrie als zu einseitig
BERLIN taz ■ Unterstützung für die Atomlobby: Die Internationale Energie-Agentur (IEA) fordert Deutschland auf, den geplanten Ausstieg aus der Atomenergie zu überdenken. Das geht aus dem neuen Prüfbericht über die deutsche Energiepolitik hervor, den IEA-Exekutivdirektor Claude Mandil gestern Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) überreichte. Glos bedankte sich denn auch für die IEA-Unterstützung seiner Atompläne: „Wenn wir den Klimaschutz ernst nehmen, werden wir auf die Kernenergie als Übergangstechnologie nicht verzichten können“, so Glos. Darüber hinaus enthält der IEA-Bericht weit reichende Empfehlungen an die deutsche Energie- und Klimaschutzpolitik: So solle der Strom- und Gasmarkt weiter reformiert werden, auch solle die Förderung erneuerbarer Energien überdacht werden.
Bei der Etablierung erneuerbarer Energien habe die Bundesrepublik „bemerkenswerte Ergebnisse“ erzielt, konstatiert die der Mineralöl- und Atomwirtschaft nahestehende IEA. Die Einspeisevergütungsregelung sei ein Erfolg und habe zu einem raschen Ausbau erneuerbarer Energien geführt, „so dass diese Technologien auf dem Markt festen Tritt fassen konnten“. Die garantierten Vergütungen würden allerdings keine Anreize schaffen, die Erzeugungskosten zu senken – Anreize, die dazu führen könnten, mit den gleichen Mitteln mehr Ökostrom zu erzeugen.
Besonders kritisch sieht die IEA die Förderung der Solarstromerzeugung. Die hohen Einspeisevergütungen für Solarstrom verschlängen Geld, das bei Investition in andere Bereiche bessere Klimaschutzeffekte hätte, so die IEA. So sei es 30 bis 50-mal günstiger, Gebäude zu sanieren, um den gleichen Klimaschutzeffekt zu erzielen wie bei der Förderung der Photovoltaik. Der Verband der Solarwirtschaft wies diese Kritik gestern zurück. „Die Erzeugung von Solarstrom befindet sich gerade erst im Aufbau“, betonte Verbandssprecher Sebastian Fassbender gegenüber der taz. „Deshalb sind Anfangssubventionen erforderlich.“ Ab 2015 könnte der Solarstrom wettbewerbsfähig sein, im Jahr 2050 sogar ein Viertel der Stromerzeugung in Deutschland ausmachen. Vor allem in der Wohnungswirtschaft sei das Potenzial riesengroß. „Auf deutschen Dächern ist noch genügend Platz.“ Die IEA konstatierte in ihrem Bericht, dass in Deutschland bei der Entwicklung wettbewerblicher Märkte „echte Fortschritte“ erzielt worden seien. Dennoch rät sie der Bundesregierung dringend, „weitere Maßnahmen zur Förderung echten Wettbewerbs zu ergreifen“.
Betrieb und Eigentum der deutschen Strom- und Gasnetze lägen in der Hand großer Unternehmen. Die gesellschaftsrechtliche Trennung des Netzbetriebes von den wettbewerbsrechtlichen Geschäftsbereichen in Deutschland sei nur das schwächste Instrument für mehr Wettbewerb und einen diskriminierungsfreien Zugang zu den Netzen. „Durch die Einrichtung unabhängiger Systembetreiber für die Gas- und Stromnetze könnte dies erreicht werden“, fordert die Energie-Agentur.RICHARD ROTHER