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Archiv-Artikel

Die Mutter aller Suchtkuren

Zwar war sie berühmt für ihr lockeres Mundwerk, doch das konservative Amerika war geschockt, als Betty Ford Anfang der 80er ihre überstandene Alkoholsucht öffentlich machte und das heute weltbekannte Zentrum für die Behandlung Alkohol- und Drogenkranker gründete: Die nach ihr benannte „Betty Ford Klinik“, in der Prominente und Nichtprominente sich mit und – wegen der Anonymität – ohne Versicherung helfen lassen können. Denn die tatkräftige Extänzerin Ford, die am Freitag im Alter von 93 Jahren in einer kalifornischen Klinik starb, war damals längst eine der beliebtesten First Ladies des Landes geworden, obwohl ihr Mann Gerald die Großmacht nur von 1974 bis 1977 regierte.

Sie sei als Alkoholikerin auf die Welt gekommen, hatte sie einmal gesagt: 1918 als Tochter einer Non-Profit-Sozialarbeiterin und eines alkoholabhängigen Vertreters in Chikago geboren, heiratete sie mit 24 den alkoholabhängigen William Warren, von dem sie sich schnell wieder scheiden lassen wollte. Doch ihr Mann wurde krank, und in den Jahren, die sie bis zur endgültigen Trennung mit seiner Pflege und einem Vollzeitjob verbrachte, habe sie viel über die Ungleichheiten in der Bezahlung von Männern und Frauen gelernt, erklärte Ford später.

Ihr Leben als Präsidentengattin an der Seite von Gerald Ford, das den Tanzkarriereplänen ein Ende bereitete und neben repräsentativen Pflichten mit der Erziehung von vier Kindern ausgefüllt war, erreichte bereits in den 60ern ein so hohes Stresslevel, dass Ford begann, die nach einer Sehnenzerrung verabreichte Schmerzmedikation zu erhöhen, und bald bei Valium angelangt war. In den 70ern kam der Alkohol dazu. Nach außen hin war sie damals eine Themen wie vorehelicher Sex oder weichen Drogen liberal gegenüberstehende, moderne Frau mit hohem sozialen Engagement für bedürftige Menschen. Eine überstandene Brustkrebserkrankung nutzte sie, um die Öffentlichkeit für dieses Thema zu sensibilisieren. Doch anderthalb Jahre nachdem ihr Mann die Wahl gegen Jimmy Carter verlor, ließ sie sich unter dem Druck ihrer Familie in ein Therapiezentrum einweisen und bekämpfte erfolgreich ihre lebenslange Sucht. JENNI ZYLKA