: Viel Geld für verklumpte Stärke
Convenience Food hat zwar kein gutes Image, die Fertigmahlzeiten aus der Tiefkühltruhe sind dennoch in fast allen Haushalten zu finden
Für die einen ist es der Verfall der kulinarischen Sitten, für die anderen hingegen die Chance, ihre Zeit für Sinnvolleres zu nutzen als für das Raspeln von Gurken und dem Kneten von Pizzateig: Convenience Food, das vorgefertigte Essen. Insgesamt bescheinigt aber eine Studie der Bundesforschungsanstalt für Ernährung, dass all die eingeschweißten, eingedosten und tiefgekühlten Fertigspeisen „kein gutes Image“ hätten. „Dennoch kommen sie in praktisch jedem Haushalt zur Anwendung“, so die Ernährungsforscher. Was im Fazit bedeutet: Alle kaufen es, doch kaum einer will es.
Bleibt die Frage, wie gesund und nahrhaft Convenience Food ist. „Tatsache ist, dass es oft reichlich Kalorien, Einfachzucker und tierische Fette enthält“, warnt die Hamburger Ernährungswissenschaftlerin Annette Sabersky. Darüber hinaus verführen seine Vielfalt, seine bunte Verpackung und seine schnelle Verfügbarkeit zum Vielessen. Laut Angaben des Dortmunder Forschungsinstituts für Kinderernährung nehmen Convenience-Food-Kids etwa 15 Prozent mehr Kalorien zu sich als andere Kinder, und damit steigt natürlich auch ihr Risiko für Übergewicht.
Convenience-Lebensmittel mit „knackigem“ Anspruch, wie etwa Backofen-Pommes, Chicken-Nuggets und Kartoffelchips, enthalten zudem oftmals große Mengen an Transfettsäuren. Diese Stoffe fördern neben Übergewicht auch Entzündungen in den Blutgefäßen. Sie gehören damit zu den großen Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. In Dänemark ist ihre Anwendung seit einigen Jahren reglementiert und dadurch fast auf null zurückgegangen. Die Dänen erleiden seitdem deutlich weniger Infarkte. Und ihr Essen schmeckt ihnen, entgegen den Drohungen der Lebensmittelindustrie, trotzdem noch.
Ein weiteres Problem von Convenience ist die Verpackung, bei der Plastik die Hauptrolle spielt. Das bringt nicht nur Entsorgungsprobleme. Denn „nahezu jedes Lebensmittel kann in Wechselwirkung mit dem Packstoff treten“, erklärt das Lebensmittelprüfinstitut Fresenius. Dies könnte durchaus zu „sensorischen Fehlaromen“ führen.
Die Gretchenfrage zum Convenience Food lautet jedoch, ob es ärmer an Biostoffen ist als Frischware. Darauf gibt es keine pauschale Antwort. „Bis der frische Spinat endlich bei uns auf dem Teller ist, hat er bereits zig Vitamine verloren“, erklärt Sabersky. Demgegenüber schneide das Tiefkühlgemüse deutlich besser ab, weil es direkt nach der Ernte verarbeitet und eingefroren wird. Muss hingegen ein Nahrungsmittel häufiger Temperaturschwankungen hinnehmen, werden nicht nur Vitamine vernichtet, es entstehen auch Vernetzungen von Stärkemolekülen, die vom Körper nicht aufgeschlossen werden können. Weswegen Kantinenkost und vorgekochte Fertigmahlzeiten lange im Magen liegen bleiben.
In einigen Fällen erzielt Convenience Food aber auch gute Quoten auf der Nährwerttabelle, weil ihm oft Vitamine und Mineralien zugesetzt werden. So enthalten 100 Gramm eingeschweißte Salami aus konservierungstechnischen Gründen bis zu 20 Milligramm Vitamin C, das ist mehr als bei einem Apfel. Obstsäfte strahlen meistens nur deshalb im kräftigen Orange, weil sie mit Betacarotin geimpft wurden. Bleibt festzuhalten, dass es sich bei diesen Zusätzen nicht um Biostoffe im eigentlichen Sinne handelt, sondern um Produkte aus den Labors.
JÖRG ZITTLAU