: Kultur in Steglitz säuft ab
STADTBAD-STREIT
Dass im Bezirk Steglitz im Südwesten der Stadt die kulturellen Leuchttürme beziehungsweise Lichtlein nicht an jeder Straßenecke stehen, ist kein Geheimnis. Zwei Kinos, die Schwartzsche Villa, Dieter „Didi“ Hallervordens Schlossparktheater und das Blindenmuseum – das war’s. Zu dieser üppigen kulturellen Pracht zählte bis dato noch das Stadtbad Steglitz an der Bergstraße. Das historische Jugendstilbad kennt zwar nicht jeder in Berlin, aber nicht wenige besuchten die Programme in der zum Theater- und Kulturhaus umgenutzten Badeanstalt. Im Becken spielte das „Clubtheater“. Zudem gab es Musik und Ausstellungen sowie coole Drinks im Café „Freistil“.
Weniger cool ist, dass nun das Stadtbad vor der Schließung steht, für den kulturarmen Bezirk ist das keine gute Nachricht. In der vergangenen Woche hatte das Landgericht entschieden, dass Gabriele Berger, Betreiberin des Kultur-Bads, das Grundstück an den Liegenschaftsfonds herausgeben müsse. Der Beschluss ist zwar noch nicht rechtskräftig, gleichwohl stehen in dem Streit Bergers Chancen für eine Revision des Urteils eher schlecht.
Die Betreiberin hatte das marode Schwimmbad 2004 zwar vom Liegenschaftsfonds für einen symbolischen Euro erworben. Zu dem Deal 2004 gehörte die Bedingung, dass Berger das Bad sanieren und wieder eröffnen müsse – was sie auch wollte. Dann fehlte plötzlich das Geld, stattdessen sprang quasi die Kultur ins Becken. Nur: Eine Erlaubnis zur kulturellen Nutzung hatte Berger nicht. Ist es da ein Wunder, dass der Liegenschaftsfonds vor Gericht zieht, wenn zehn Jahre nicht renoviert, sondern Theater gespielt wird?
Wohl kaum. Die Lösung ist das trotzdem nicht. Denn alle stünden als Verlierer da: der Bezirk, die Kultur und das denkmalwerte Bad, Berger sowie der Liegenschaftsfonds als böser Bube. Wäre es da nicht an der Zeit, dass man sich im Steglitzer Rathaus dafür interessiert und über die Zukunft des Stadtbads entschieden würde? ROLF LAUTENSCHLÄGER