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Archiv-Artikel

RAINER SCHÄFER RADIKALE WEINE

Rheinhessen war lange verschrien als Massenproduzent von seelenlosen Kopfschmerz-Abfüllungen wie der fruchtig-klebrigen Liebfrauenmilch. Inzwischen gilt die Region als Talentschmiede des Weinbaus. Stefan Winter, Jahrgang 1980, ist einer der jungen Winzer, die dem größten deutschen Weinanbaugebiet zu einem Imagewandel verholfen haben. Er will keine restsüßen Fruchtbomben, er baut seine Weine trocken aus mit Charakter und Kanten. „Meine Weine sollen einen langen Atem haben und lieber im zweiten als im ersten Schritt beeindrucken.“

Winter hat das Weingut in Dittelsheim schon mit zwanzig Jahren von seinen Eltern übernommen, er ist der überzeugte Vertreter einer jungen Winzergeneration, die nicht auf Technik im Keller vertraut, um Nachlässigkeiten im Weinberg zu kaschieren: Wer im Keller viel tun müsse, sagt Winter, der habe im Weinberg einiges falsch gemacht. Der Winzer hat sich auf Rebsorten wie Riesling und weißen Burgunder spezialisiert, die Reben für seine Cuvée aus Chardonnay und Weißburgunder hat er in die kalkhaltigen Lagen Leckerberg und Geyersberg gepflanzt: Der Kalk verleihe ihnen Spannung und mineralischen Grip, auf schweren Böden wie Löss dagegen gerieten sie gern zu plump. Die Moste lässt Winter mit den eigenen wilden Hefen im 500-Liter-Holzfass vergären.

Sein Chardonnay & Weißburgunder zeigt würzige Noten von Melone und eine vielschichtige Persönlichkeit, die den Gaumen lange beschäftigt. Es ist ein Wein, der zeigt, dass Winter längst mehr als ein Geheimtipp ist: Er ist an der Spitze Rheinhessens angekommen.

Dittelsheim Chardonnay & Weißburgunder 2013, Weingut Stefan Winter, 11 Euro, über www.weingut-winter.de