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Archiv-Artikel

DIE GESELLSCHAFTSKRITIK Dilemma, Daten, Drachmen

Was sagt uns das? Die Plattform WikiGreeks will Griechenlands Krise mit Informationen bekämpfen. Doch nur mit Schwarmintelligenz ist es in dem Fall leider nicht getan

Die Betreiber von WikiGreeks.org hätten ihr Ziel kaum höher stecken können. „Help us restore Greek economic progress and accountability“ prangt auf der Seite, nicht zu verwechseln mit wikigreeks.com. Die Wiederherstellung des wirtschaftlichen Fortschritts und der Zuverlässigkeit Griechenlands also. Wer hinter WikiGreeks steckt, steht nicht dort, aber dass man die Wirtschaft des Landes ankurbeln wolle, indem man das Fehlverhalten von Individuen, Firmen und Institutionen öffentlich mache.

Der Name der Plattform erinnert mit Absicht an WikiLeaks. Auch hier werden User aufgerufen, Dokumente und Insiderwissen weiterzuleiten. Doch was seit Start der Homepage im Juli eingelaufen ist, bleibt überschaubar. Fünf Dokumente, „Hot Docs“ genannt, sind online – drei von Juli, zwei von August. Das Urteil in einem Korruptionsverfahren ist darunter sowie das Transkript einer BBC-Dokumentation.

Ansonsten finden sich auf WikiGreeks vor allem Links zu herkömmlichen Artikeln über die Krise Griechenlands. Interessant für jeden, der das Thema nicht schon leid ist, doch niemals eine Lösung für die großen strukturellen Probleme des Landes und somit weit vom selbstgesteckten Ziel entfernt.

WikiLeaks hat es geschafft, die Welt mit ihren Depeschen in Aufregung zu versetzen, und Wikipedia hat mal eben fast alles relevante Wissen der Menschheit in leicht zugänglicher Form zusammengetragen. Kein Wunder, dass daraus große Hoffnungen in die Kraft des Netzes, in die viel gepriesene Schwarmintelligenz erwachsen. Hoffnungen, die so groß sind, dass manch einer zu glauben scheint, die ultimative Ultima Ratio und den steinigsten Stein der Weisen gleichzeitig gefunden zu haben.

Doch für ein klassisches Dilemma, wie die Lage Griechenlands, gibt es auch in der Moderne keine pauschalen Lösungen. Die Möglichkeiten der heutigen Netzwerke sind beeindruckend, doch sie bieten keinen Weg aus tiefen strukturellen Problemen. Der Schwarm kann viel, aber eben nicht alles. SEBASTIAN FISCHER