: Zuträger der Werbeindustrie
betr.: „Was ist Shopping?“ von Robert Misik, taz vom 24. 9. 07
Ich kann Herrn Misik nur zustimmen, wenn er meint, dass es eine vertrackte Sache ist, die konsumistische Mentalität zu kritisieren. Und er nennt auch den Grund dafür: „Der emotionale Mehrwert ist die (…) ökonomische Größe.“ D. h., jedes wütende Aufbegehren gegen konsumistische Haltungen stärkt das angegriffene System, weil es Aufmerksamkeit spendet, die ökonomisch verwertbar ist und auch verwertet wird. Genau genommen ist auch der kritischste Soziologe nichts anderes als ein Zuträger der Werbeindustrie.
Insofern kann man doch eigentlich nur froh sein, dass „Shopping allerdings ziemlich untheoretisiert“ ist! Wer sich nicht verkaufen will (oder gar sich ein Selbst zusammenkaufen von den diversen Industrien), muss zunächst einmal – ignorieren! Umso mehr sollte diese nahe liegende Maxime doch für jeden unabhängigen Wissenschaftler gelten: Wenn die sozial als relevant geltenden Wirklichkeiten kommerziell vorgeformt sind, dann sind sie eben für die freie wissenschaftliche Untersuchung unbrauchbar. Im Übrigen muss das nicht die Arbeitslosigkeit für die Soziologen bedeuten: Es gibt auf dieser Welt noch genug soziale Wirklichkeit, die – von den Werbeagenturen übersehen – ihrer Entdeckung harrt.
MARTIN SCHÖNEMANN, Hamburg