LESERINNENBRIEFE :
Systemimmanenter Skandal
■ betr.: „Kein Titel für den Helden“, taz vom 6. 10. 11
Holger Strohm wird von den Mainstreamgazetten in der BRD gefürchtet, wie der Teufel das Weihwasser fürchtet. Wenn sie denn schon von ihm etwas zu Papier bringen für die zu „embeddende“ Leserschaft, dann mit süffisantem Akzent, aber keineswegs wagen es ihre renommierten Journalisten, sich mit seinen auf den Punkt gebrachten Informationen analytisch sachlich auseinanderzusetzen. Wir wissen inzwischen, dass die sogenannte Kanzlerakte es den Medien untersagt, der Wahrheit informativ auf der Spur zu bleiben: Manipulation durch Informationsentzug oder Informationsverzerrung. Es ist das Verdienst Benno Schirrmeisters, das Tabu Strohm an einem Punkt seiner vielfältigen Thematik nicht nur gebrochen, sondern schonungslos offengelegt zu haben. Und zwar so präzise demokratisch, juristisch, moralisch, dass die Wurzeln eines systemimmanenten Skandals freigelegt wurden. Die zupackende Bissigkeit der alten taz der ersten Tage scheint wiederaufzuerstehen.
Doch an einem Punkt ist eine Korrektur erforderlich. Das Kolloquium Strohms fand nicht ohne Publikum statt. Ich war der einzige Zuhörer und damit Zeuge, dass die Doktorarbeit keineswegs in Bausch und Bogen abgelehnt wurde. Es wurden von den Mitgliedern der Prüfungskommission allerdings Änderungsvorschläge gemacht, auf die Holger Strohm bereitwillig einging. Dass aber im weiteren Verlauf bei der Zulassung der bereits vom Promotionsausschuss abgesegneten Doktorarbeit erneut Recht gebrochen wurde in dem von Schirrmeister geschilderten Ausmaß, verschlägt mir den Atem.
FRIEDRICH BODE, Jeddingen
Weg mit den Spitzelgesetzen
■ betr.: „Ein Trojaner ist ein Bayer“ u. a., taz vom 11. 10. 11
Nicht erst seit gestern ist bekannt, dass neu entdeckte Möglichkeiten der Machtausübung auch neue Methoden und letztlich neue Formen der Ausübung schaffen. Was denkbar ist, wird machbar, was machbar wird, wird auch real ausprobiert und angewendet. Die neuesten Entdeckungen des CCC belegen diese These einmal mehr.
Um die gesetzlichen Grundlagen und die Spielregeln für den früher beschlossenen Großen Lauschangriff werden sich die Innen- und Justizminister jetzt noch einmal im Detail zu kümmern haben. Der Vorgang aber, dass, sobald eine Spionagesoftware legal zur Anwendung gelangt, alle Schleusen zum Missbrauch geöffnet sind, ist nicht mehr umkehrbar. Und die Sicherheit resp. das Vertrauen darauf, dass die Strafverfolgungsbehörden an den gesetzlichen Rändern haltmachen, ist hinfällig, sobald die Instrumente verlockende Nebenleistungen erbringen, die nicht vom Gesetz zugelassen sind. Die so illegal erworbenen Erkenntnisse über die inkriminierte Person lassen sich in der Praxis nicht mehr trennscharf aussortieren und werden zum Nachteil der Verdächtigten vor Gericht verwertet. Chancen für Freiheit und Demokratie, ja für die Gesellschaftskultur schwinden schleichend. Wenn eine neue Welle der Bürgerbeteiligung zu neuen Ergebnissen führt, wie z. B. die Überraschung einer grün-roten Landesregierung in der konservativen Hochburg Baden-Württemberg, dann erwarten die WählerInnen von den Repräsentanten, dass ihr Wille jetzt nicht nur respektiert, sondern direkt umgesetzt wird. Weg mit den Spitzelgesetzen, Verbot der Ausspionierung der Privatsphäre der BürgerInnen, Bestrafung der ZündlerInnen in den Behörden! BEARMAN RU, Freinsheim
An Dummheit kaum zu überbieten
■ betr.: „Weitere Brandsätze in Berlin“ u. a., taz vom 12. 10. 11
Die Brandanschläge von angeblich linken Gruppen auf Autos und die Bahn sind wirklich an Dummheit kaum zu überbieten. Seit wann gefährde ich als Sozialist so bewusst das Volk, das ich eigentlich befreien oder überzeugen möchte? So eine besoffene Logik hatte noch nicht einmal die RAF! Ein „letztes Gefecht“ sollte in der momentanen Situation für Linke anders aussehen und mit verbaler Stärke ausgefochten werden! MARKUS MEISTER, Berlin