: Kreditwürdigkeit Frankreichs versehentlich herabgestuft
RATINGAGENTUREN Kleine Panne, große Wirkung: Politik will die Agenturen jetzt doch regulieren
BERLIN taz | Auf den Finanzmärkten fallen schlechte Nachrichten derzeit auf fruchtbaren Boden. Als die Ratingagentur Standard & Poors (S&P) am Donnerstagnachmittag eine Mitteilung verschickte, dass Frankreichs Kreditwürdigkeit herabgestuft werde, brach Panik aus. Schließlich wurden in letzter Zeit immer mal wieder Sorgen wegen der Höhe der französischen Schulden laut. Sofort schossen die Zinsen für die französischen Anleihen hoch, an den Börsen knickten die Aktienkurse ein. Es wurde befürchtet, dass damit der Eurorettungsfonds infrage steht, an dem Frankreich einen beträchtlichen Anteil trägt.
Fast zwei Stunden später erst kam die Entwarnung. Es habe sich nur um eine kleine technische Panne gehandelt, entschuldigte sich die Agentur. Anleihen des französischen Staates würden weiterhin mit der Bestnote AAA bewertet, mit stabilem Ausblick.
EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier kündigte daraufhin strengere Kontrollen der Ratingagenturen an. Am Dienstag will er neue Vorgaben präsentieren. Unter anderem soll Ratingagenturen bei Marktturbulenzen vorübergehend die Veröffentlichung der Benotung von Eurokrisenstaaten verboten werden, die Europäische Wertpapieraufsicht soll die Methodik der Ratings überprüfen, und die Agenturen sollen für ihr Tun haftbar gemacht werden können.
Der Bundestag forderte gestern die Bundesregierung auf, sich in der EU für eine Machtbeschränkung der Ratingagenturen einzusetzen. Deren Einfluss auf die Finanzmärkte solle beschnitten werden, indem etwa Fonds oder Versicherungen nicht länger gesetzlich zur Verwendung von Ratings verpflichtet werden. Die Deutsche Umweltstiftung hat eine Initiative ins Leben gerufen mit dem Ziel, eine gemeinnützige, faire und transparente Ratingagentur für Europa zu gründen. Die derzeitigen Ratings legten falsche Maßstäbe an, durch die die Armut zunehme, die Natur zerstört werde und ganze Staaten ruiniert würden. NICOLA LIEBERT