: Was macht die Konkurrenz?
DIGITALSTRATEGIEN Mehr als hundert Zeitungen in Deutschland bieten Inhalte im Netz an, für die bezahlt werden muss. Darüber hinaus machen sie vieles, was mit Journalismus nichts zu tun hat
„Wir nähern uns einer reiferen Phase des Onlinejournalismus“, sagte der Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner, als er in der vergangenen Woche die Bilanz seines Hauses vorstellte. Eine reifere Phase sei es deshalb, weil sich mehr und mehr die Erkenntnis durchsetze, dass Journalismus online ebenso viel wert sei wie offline. Dennoch werde es laut Döpfner stets zwei Welten geben: In der einen lebten die, die Agenturjournalismus, nicht sehr hochwertige Inhalte für lau anbieten, und in der anderen der Qualitätsjournalismus. Natürlich zählt Döpfner seine beiden Marken Bild und Welt zur zweiten Kategorie.
Springer ist führend, was den Verkauf von digitalen Abos angeht. 311.000 Digitalabonnenten habe man mittlerweile gewinnen können: 253.000 bei der Bild und 58.000 bei der Welt. Wobei die Websites unterschiedliche Modelle nutzen: Während bei Welt.de 20 Artikel pro Monat kostenfrei gelesen werden können und erst ab dem 21. die Bezahlschranke heruntergeht (das „Metered Model“), bietet Bild.de spezielle Inhalte unter dem Label Bildplus an: Wer sie lesen will, muss Bildplus-Abonnent sein. Alles andere ist frei. „Freemium“ heißt das Modell.
Allein ist Springer mit diesen beiden Modellen nicht. 104 Zeitungen bieten mittlerweile laut dem Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) Bezahlinhalte im Netz an. 2010 waren es erst acht. Die meisten setzten heute auf Freemium und Metered Model, einige wenige Lokal- und Regionalzeitungen, wie beispielsweise die Braunschweiger Zeitung, haben eine harte Bezahlschranke: Wer hier etwas lesen will, muss bezahlen. Ausnahmslos. Und nur eine Zeitung bietet ein freiwilliges Bezahlmodell an: die taz.
Der BDZV hat seine Mitglieder gerade in die Zukunft schauen lassen und seine Studie „Trends der Zeitungsbranche 2015“ vorgestellt. Dabei setzen nahezu alle auf eine deutliche Erlössteigerung im Digitalen – sei es mit dem Verkauf von E-Papers oder mit Bezahlinhalten im Netz. 5 Prozent Wachstum pro Jahr erwarten die Verlage in diesem Bereich. Die optimistischsten gehen sogar von mehr als 20 Prozent Wachstum pro Jahr bis 2018 aus.
Allerdings setzen die meisten Verlage bei ihren Digitalstrategien längst nicht mehr nur auf journalistische Inhalte: Viele bieten darüber hinaus Immobilienportale oder Apps zur Fortbildung, zum lokalen Fußballklub oder zum Nahverkehr an. 150 Apps von deutschen Verlagen, die nichts mit dem Kerngeschäft zu tun haben, hat der BDZV gezählt. Und es werden mehr: Zwei von drei Verlagen planen laut der Verbandsstudie, neue digitale Produkte dieser Art noch in diesem Jahr einzuführen. Diversifikation scheint derzeit die Strategie vieler Verlage zu sein.
Doch warum machen gerade Zeitungsverlage das? Weil sie „Marketingpower“ haben, wie Peter Skulimma von der Unternehmensberatung Schickler sagte, als die Studie Ende Februar vorgestellt wurde. Sie könnten „Geschäftsmodelle pushen“. Außerdem herrsche bei Medienmachern eine große Kreativität. Aber: „Das sagt auch etwas über das Kerngeschäft.“ JÜRN KRUSE