WERBEPAUSE : An der subkulturellen Oberfläche
Wie kriegt ein Werbefuzzi etwas wieder „in“, das nie so richtig „out“ war? Der Allstar-Schuh von Converse ist so ein schwierig einfacher Fall. Wer hat ihn nicht schon mal getragen, den punk-, emo- und indiekompatiblen VW-Bus unter den Turnschuhen der weißen Mittelschichtsadoleszenz? Dass es nach mindestens zehn Jahren offenbar Zeit für einen neuen Allstar-Hype ist, lässt sich in deutschen Großstädten kaum übersehen: Plakate in gigantischer Häufung, auf denen die Allstars prangen, die von Kulturmenschen wie Andy Warhol und Helene Hegemann getragen worden sind, wollen uns erzählen: Jede Allstar-Trägerin kann ein Star sein – die Schuhe sind’s auf jeden Fall schon mal.
Doch Chucks wollen nicht nur Masse sein, sondern auch cool bleiben. Und weil die Hipness selten U-Bahn, sondern Rad fährt, haben Künstler jetzt entlang der Berliner Fixie-Highways in Kreuzberg und Mitte die Rollläden von Geschäften mit den Schuhwerken der Stilikonen bemalt: Guerilla-Marketing wie aus dem Bilderbuch.
Auch im Hamburger Schanzenviertel hat Converse zugeschlagen: Eine freie Plakatwand, die die Kulturszene für ihre Aushänge nutzt, war dort am vergangenen Freitagmorgen komplett mit Converse-Werbung zuplakatiert worden. Das Musik-Blog testspiel.de kommentierte dies als „Scheißaktion“. Das Argument des Bloggers Malte Wagner gegenüber taz: Hier nehme ein Unternehmen, das sich mit der Musikszene verbunden zeige, Hamburger Konzertveranstaltern den Platz weg. Bis Dienstag antwortete Converse nicht auf Wagners Anfrage, stattdessen kündigte der Marketingdienstleister Advice dem Blog an, eine geplante Werbeaktion mit Converse sei abgeblasen. Gestern dann meldete sich Converse bei Wagner: Man habe diese Reaktionen in der Szene nicht beabsichtigt und werde nicht wieder auf der freien Aushängewand plakatieren. Und die Werbung auf testspiel.de würde auch nicht storniert. Die negative Publicity als Street Credibility zu nutzen – auch das hat der Weltkonzern offenbar verstanden. TOBIAS KRONE