DIE GESELLSCHAFTSKRITIK : Dem Spindoctor gefällt das!
WAS SAGT UNS DAS? Der „New Yorker“ erfindet Hillary Clinton Emojis
Das Alphabet ist nicht genug. Was eine durchaus lange Strecke hindurch funktionierte – mit Worten auszudrücken, was man möchte, hasst oder liebt –, wandelt sich seit der Erfindung der Emojis. Nun sieht sich außer den konservativen Nokia-3210-Handynutzern kaum noch jemand in der Lage, eine Aussage ohne Smiley, klatschende Hände oder putzige Tierchen zu verstärken. Ganz nach dem Motto: „Achtung, ich meine es so und nicht anders.“ Und damit man Ironie oder Wut versteht, ohne dass zeitraubend über eine treffsichere Formulierung nachgedacht werden muss, schnell ein Emoji hinterhergeschoben.
In der Politik wiederum können halbsouveräne Aussagen mit Interpretationsspielraum Laufbahnen zerstören. „Spindoctors“ wie „Fixer“, die PR-Verdreher dieser Welt also, bauen ganze Karrieren darauf auf, Zitate ins gewünschte Licht zu rücken. Mit Emojis freilich würde das nicht passieren, und so kann das aktuelle Cover des New Yorker durchaus als Handreichung verstanden werden. Das US-Magazin zieren 30 Emojis von und für Hillary Clinton: Hillary mit Herzaugen, mit Sonnenbrille, die schreiende Hillary oder die Teufels-Hillary – platziert neben Bill Clinton. Dazu noch ein paar Utensilien wie das rote Telefon, der Jet und der „Daumen hoch“.
Gestaltet hat das Cover der Künstler Barry Blitt, der dem schlichten Alphabet hinterhertrauert: „Ernsthaft, wie versteht jemals noch jemand etwas, das nur mit Buchstaben geschrieben wurde?“ Er warte auf den ersten Roman nur aus Emojis – und auf Clinton.
Auf Clinton warten dieser Tage einige. Und nachdem Ted Cruz am Montag via 30-Sekunden-Spot auf Twitter seine Ambitionen aufs Weiße Haus verbreitete, wäre eine Hillary-Emoji-Kandidatur nur folgerichtig.
Neben dem Offensichtlichen führt das Magazin aber eigentlich nur konsequent fort, was der erfolgreiche Tumblr „Texts from Hillay“ 2012 gestartet hat: Es zeigt das wahrlich Ikonenhafte, das Clinton umgibt. Im Tumblr empfiehlt eine sonnenbebrillte Hillary im „Frühstück bei Tiffany“-Stil dem glücklosen Mitt Romney einen Drink oder verabredet sich mit Meryl Streep zum Brunch. Und bis sie endlich ihre Präsidentschaftskandidatur für 2016 verkündet, kann sich Clinton nun schweigend ihrer individuellen Emojis bedienen. Funktionieren auch prächtig in Mails – egal ob dienstlich oder privat.
RIEKE HAVERTZ